Urteil statt Recht
In meinem Buch ,Ausbeutung durch Funktionäre' hatte ich zum passiven Widerstand aufgerufen. Dies gab der Haftrichter auch als einen Grund für meine Verhaftung an. Da ich ja das System lange genug kannte, war ich darauf bedacht gewesen, nur zu solchen Formen des passiven Widerstands aufzurufen, die keine Handhabe für Bestrafung boten. U.a. forderte ich auf: an Versammlungen nicht teilzunehmen, und wenn dies nicht geht, dort nichts zu sagen und sich an keiner Abstimmung zu beteiligen, zur Stellungnähme aufgefordert, zu schweigen usw.
Dr. Gysi sagte im Prozeß:, Und das ist ja nun alles nicht verboten.' Staatsanwalt Heyer sah das anders, und zwar weniger formaljuristisch. Er meinte, es wäre zwar nicht verboten, man könne das aber trotzdem nicht dulden, ,denn dann würde ja das gesamte gesellschaftliche Leben zusammenbrechen'. Ich wurde für einen Paragraphen verknackt, den es gar nicht gab. Er hätte etwa lauten müssen: ,Wer etwas nicht tut, wovon wir vergessen haben zu verbieten es nicht zu tun, wird entsprechend der Schwere unseres Versäumnisses härter bestraft.'“ Manfred Bartz, Kabarett-Autor, – eines von 30 Schicksalen in dem von Gilbert Furian (Initiative für Frieden und Menschenrechte) herausgegebenen Band „Mehl aus Mielkes Mühlen“ (Das Neue Berlin 1991, 308 S., brosch., 12,80 DM)
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