Pille als Rettungsanker in den Wogen des Alltags

Medikamentensucht ist ein Problem von Frauen. Doch auch unter Kindern und Jugendlichen nimmt sie zu

  • Elfi Schramm
  • Lesedauer: 3 Min.
Schätzungen zufolge sind ca. 1,5 Millionen Deutsche tablettenabhängig. Diese Sucht macht der Alkoholabhängigkeit zunehmend Konkurrenz und findet sich ebenfalls in allen sozialen Schichten. Die Ursachen für Tablettensucht sind vielfältiger Art. Nicht jeder Mensch fühlt sich den Belastungen des Alltags immer gewachsen. Der Griff zur Tablette (zur Beruhigung oder als Stimmungsheber) erscheint ihm dann als Rettungsanker. Wer jedoch regelmäßig zur Tablette greift, setzt sich der Gefahr aus, abhängig zu werden.
Oft legt auch der Arzt den Grundstein zu einer Medikamentensucht. Nicht immer weist er beim Ausfüllen des Rezeptblocks auf die mögliche Suchtgefahr bei einzelnen Präparaten hin. Dabei sollte dies selbstverständlich sein. Zahlreiche Medikamente gibt es auch rezeptfrei in der Apotheke. Seit das Arzneimittelbudget limitiert ist, steigt der Trend zur Selbstmedikation. Doch nicht alles, was es rezeptfrei zu kaufen gibt, ist harmlos. So beginnt der Weg in die Abhängigkeit schleichend. Der Missbrauch fängt dort an, wo ein Medikament über die Verordnung hinaus eingenommen wird, d.h. über einen längeren Zeitraum oder in einer höheren Dosis, als vom Arzt oder Apotheker empfohlen. Wenn schließlich nicht mehr die ursprüngliche Erkrankung, sondern das Bedürfnis nach Betäubung im Vordergrund steht, sollten sich Betroffene die Gefahr einer Abhängigkeit ehrlich eingestehen. In diesem Fall ist eine Therapie sinnvoll. Medikamentensucht ist von der WHO als Krankheit anerkannt worden. Jeder Betroffene hat demnach ein Recht auf Heilung.
Am Anfang sollte immer ein Gespräch mit einem Arzt des Vertrauens stehen. Wer nicht weiß, an wen er sich wenden soll, kann sich an die verschiedenen Suchtberatungsstellen wenden, an das Gesundheitsamt oder seine Krankenkasse. Zwei Drittel aller verschriebenen Medikamente mit Suchtpotential werden von Frauen eingenommen. Am stärksten betroffen ist die Altersgruppe der 25- bis 44-Jährigen. Bei vielen Frauen führt die doppelte Belastung in Beruf und Familie zur Erschöpfung. Oft fühlen sich Frauen in besonderer Weise verantwortlich für das Wohlergehen der Familie. Bei dem ständigen Spagat, allen Anforderungen gerecht zu werden, vernachlässigen sie vielfach ihre eigenen Bedürfnisse. Kopfschmerzen, Unruhezustände und Schlafstörungen sind die Folge.
In der Altersgruppe von Kindern und Jugendlichen steigt der Medikamentenmissbrauch ebenfalls. Schulangst, oft mit Kopf- und Bauchschmerzen einhergehend, wird zunehmend mit Medikamenten behandelt. Auch bei älteren Menschen ist die Gefahr einer Medikamentenabhängigkeit auf Grund von steigender Anfälligkeit für Krankheiten und Vereinsamung groß. Gerade solche Medikamente, die eingenommen werden, um Unruhe, Angst oder Niedergeschlagenheit zu überwinden, bergen ein hohes Suchtpotential. Dazu gehören u.a. Benzodiazepine (Psychopharmaka aus der Gruppe der Tranquilizer) und Barbiturate. Sie sind Bestandteile vieler Beruhigungsmittel und gehören zu den Wirkstoffen, die über das zentrale Nervensystem die Psyche beeinflussen.
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