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  • Sport
  • GERT-DIETMAR KLAUSE, erfolgreicher Skilangläufer, Trainer, Forstarbeiter

Einzige deutsche Olympiamedaille in der Loipe

  • WOLFGANG RICHTER
  • Lesedauer: 3 Min.

Alter: 46

Aktiv: 1964 bis 1978

Klub: Klingenthal

Erfolge: 1976 Olympiasilber

über 50 km, 6. über 30 km, 9.

über 15 km, Staffel-Weltmeister

1974, Staffel-Vizeweltmeister

1970, Wasalauf-Sieger 1975, 20

DDR-Meistertitel.

Mag sein, daß er den Wald schon immer liebte. Als waschechter Vogtländer (geboren in Reumtengrün) ist er geradezu verpflichtet dazu. Aber früher hatte er keine Muße, die Stille und Einsamkeit im grünen Dom auf sich wirken zu lassen; da hechelte er durch die Loipe, bei Wind und Wetter. Heute fährt er mit dem Auto, und nicht bei jedem Wetter. Gert-Dietmar Klause, einst einer der weitbesten Skilangläufer, ist seit Mai vorigen Jahres Waldarbeiter im Forstbetrieb Grünheide. „Das wollte ich so, und ich fühle mich sehr wohl“, erzählte er und sprach von einer umgekehrten Welt. „Viele Nordländer kommen über die Waldarbeit zum Skilanglauf, bei mir ist das gerade an-

Noch 24 Tage bis Olympia

che Differenzen.“ Aber er sei froh, diesen Schritt getan zu haben.

1978 bestritt der Mann mit der Wollmütze - so lief man halt damals - bei den Weltmeisterschaften in Lahti sein letztes Rennen als Leistungssportler. Ohne nennbaren Erf oig. Die Antwort auf die unvermeidbare Frage nach dem größten Triumph ist symptomatisch: „Der größte Triumph war, daß wir es geschafft haben, in die Weltspitze reinzukommen.“ Wir - sagte er, denn es waren in jedem Falle kollektive Erfolge, die die Grimmer, Klause, Lesser, Heßler, Meinel, Deckert in den 70er Jahren mit ihren Trainern Hannes Braun und Erich Ast auch in den Einzelrennen errangen. Unvergessen der Staffeltriumph bei (Jen Welttitelkämpfen 1974 in Falun, als Gert-Dietmar Klause das Meisterwerk von Gerd Heßler, Dieter Meinel und Gerhard Grimmer vollendete.

Unvergessen aber auch die dramatischen Olympiatage von 1976 in Innsbruck. „Als Weltmeister hatten wir uns auf die Staffel versteift, wollten die Goldmedaille“, blickt der 46jährige zurück. Dann kam der tragische Augenblick, als eine Touristin mit dem in Führung liegenden Axel Lesser zusammenprallte. Vergeblich warteten Gerhard Grimmer und Gert-Dietmar Klause im Wechselraum auf ihren verletzten Staffelkameraden. „Dieser Fall ist bis heute ungeklärt geblieben“, so Klause. Ihm blieb noch eine Medaillenchance, über 50 km. Und die nutzte er als Zweiter hinter dem Norweger Ivar Formo. „Ich hatte Glück - die Silbermedaille ist bisher die einzige Olympiamedaille eines deutschen Langläufers.“ Der Vogtländer brachte noch etwas Außergewöhnliches zustande: 1975 gewann er als erster Mitteleuropäer den berühmten Wasalauf, und noch dazu in neuer Rekordzeit,

Klause, der sich vor der Unbill der Zeit bis in den Wald zurückgezogen hat, bedauert, daß es kaum noch Kontakte gibt. Gerhard Grimmer traf er hin und wieder, von Gerd Heßler weiß er, daß er sich in Versicherungsgeschäften selbständig gemacht hat, aber von Axel Lesser fehlt ihm jede Spur. 1984 gab es ein Treffen der Welt-

meisterstaffel zum 10. Jubiläum des Titelgewinns. „Die Klingenthaler Skimädchen hatten sich zusammengetan und das für uns organisiert. Es war ein schönes Treffen. Leider das einzige.“

Neuerdings ist er wieder auf den Geschmack gekommen, nachdem er die Skier ziemlich rigoros in die Ecke gestellt hatte. „Vorigen Winter bin ich beim Liberec-Massenlauf nur 200. geworden, das hat mich so gewurmt, daß ich nun wie-

Foto: Eckstein

der ein bißchen mehr trainiere“, berichtete er, betonte aber zugleich, daß „der Drang, vorn zu sein, vorbei ist“. Immerhin war er voriges Jahr bei den Europäischen forstlichen nordischen Ski-Meisterschaften in Finnland dabei. Und es hat ihm viel Spaß gemacht. „Ich hab ja jetzt viel mehr Zeit, auch für den Sport im Fernsehen“, richtete der einzige deutsche Langlauf-Medaillengewinner seinen Blick nach Albertville.

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