Brandenburgs PDS-Chef fordert neuen Vorstand

Heftiger Streit um politischen Kurs in der Parteispitze

  • Lesedauer: 3 Min.
Im Streit um die politische Ausrichtung der PDS hat der Brandenburger Landesvorsitzende Ralf Christoffers gestern einen Sonderparteitag gefordert, auf dem eine inhaltliche Klarstellung vorgenommen sowie Teile des Parteivorstands neu gewählt werden sollen.

Berlin (ND-Hübner/Neiße). Eine neue Runde des innerparteilichen Kampfes der PDS ist gestern in Potsdam eröffnet worden. Der brandenburgische Landeschef Ralf Christoffers forderte die Einberufung einer außerordentlichen Tagung des Parteitages, auf der er auch personelle Veränderungen durchsetzen will. Die Bundesvorsitzende Gabriele Zimmer wähnt er dabei auf seiner Seite.
Hart ging Christoffers gestern mit einer »Gruppe im Bundesvorstand« um Bundesgeschäftsführer Uwe Hiksch und Parteivize Diether Dehm ins Gericht. Er warf ihnen vor, die Rückkehr der PDS in die politische Auseinandersetzung zu blockieren. Anlass der Vorwürfe ist die mit sieben gegen sechs Stimmen getroffene Entscheidung des Parteivorstands in einer Sitzung am Sonnabend, über ein ursprünglich zur Debatte gestelltes Reformalternativen-Papier von Prof. Dieter Klein nicht zu sprechen, sondern das erst Ende Mai zu tun. Während u.a. Parteichefin Gabriele Zimmer sowie die beiden Stellvertreter Heidi Lüth und Peter Porsch für die sofortige Debatte über das Papier stimmten, waren Hiksch und Dehm dagegen, da das Konzept für eine Auseinandersetzung mit Schröders Agenda 2010 zu unkonkret sei.
In dieser Entscheidung sieht Christoffers erstens die Absicht, »sich nicht mit Politik zu beschäftigen«, und zweitens den Versuch, wesentliche Punkte des ebenfalls von Dieter Klein mitverfassten neuen Programmentwurfs zu kippen. Wer politische Debatten verhindere, habe das moralische Recht verloren, für die Partei zu sprechen, so Christoffers.
Hiksch und Dehm wiesen die Vorwürfe zurück. Dehm sprach gegenüber ND von einer »eher undramatischen Geschäftsordnungsdebatte« im Vorstand. Hiksch sagte, Differenzen mit der Parteivorsitzenden seien »die normalste Sache der Welt« und warf Christoffers vor, eine innerparteiliche Krise herbeizureden. Dessen Forderung nach einem Sonderparteitag, für den das Votum von 25 Prozent der Delegierten nötig ist, nannte Hiksch eine peinliche Nabelschau. Er und Dehm verwiesen darauf, dass über das Klein-Papier im Rahmen der Programmdebatte gesprochen werde. Falsch sei auch der Vorwurf, man wolle Teile des Programmentwurfs zurücknehmen. Nach Aussage von Dehm hatte vor dem Vorstand bereits die Programmkommission eine Debatte über das Klein-Papier abgelehnt.
Unterstützung erhielt Christoffers von der sachsen-anhaltischen Landesvorsitzenden Rosemarie Hein. Sie erklärte, es sei dringend notwendig, dem Bundesvorstand »auf die Füße zu treten«. Dass die Parteiführung nicht in der Lage sei, mit der Basis offen über dringende Reformen zu reden, sei fatal, so Hein. Auch Vorstandsmitglied Wolfgang Gehrcke zeigte sich gegenüber ND unzufrieden mit der Arbeit des Vorstands und sagte, man müsse überlegen, »warum wir in den Umfragen bestenfalls stagnieren«. Er stelle keine Rücktrittsforderungen, schließe aber einen Sonderparteitag nicht aus, auf dem bilanziert werde, »wo wir stehen«. Auch personelle und strukturelle Veränderungen wolle er nicht mehr ausschließen. Dagegen sagte Dehm, wer einen Sonderparteitag verlange, wolle den Blick »von den gesellschaftlich relevanten Problemen auf die Binnensicht der Partei umlenken«.
Immerhin beschloss der Parteivorstand nach der kontroversen Debatte am Sonnabend, dass am Sonntag eine Arbeitsgruppe unter Parteichefin Gabriele Zimmer ein Papier zu den rot-grünen Reformplänen verfassen sollte. Das Ergebnis wird heute vorgestellt.
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