Der »widerspenstige Staatsdiener« ist wieder da

Denkmal des Freiherrn vom Stein wurde enthüllt

  • Andreas Heinz
  • Lesedauer: 2 Min.
»Noch een Schritt, und du liegst unten«, spotteten die Berliner, wenn sie das damals auf dem Dönhoffplatz stehende Denkmal des Freiherrn vom Stein betrachteten. Nach manchen Querelen und einer »quälend langen Suche nach einem geeigneten Aufstellungsort«, so zeitgenössische Berichte, sei das Standbild des preußischen Reformers erst 1875 auf dem heute nicht mehr existierenden Platz an der Leipziger Straße am damaligen Abgeordnetenhaus enthüllt worden. Gestern nun wurde der Freiherr - gründlich restauriert - wiederum enthüllt, wiederum vor dem Abgeordnetenhaus. So einfach wollte sich Heinrich Friedrich Karl Reichsfreiherr vom und zum Stein aber nicht zeigen, als Parlamentspräsident Walter Momper und Senatsbaudirektor Hans Stimmann (beide SPD) an den Strippen zogen. Trotz angestrengten Zerrens blieb der Kopf bedeckt. Erst das Eingreifen eines Mitarbeiters mit Hilfe einer Leiter ließ den 7,40 Meter hohen und 6600 Kilogramm schweren Stein aus Bronze frei blicken. Stein, am 25.Oktober 1757 im hessischen Nassau/Lahn geboren, habe sich stets für die Beteiligung aller Bürger an der Gestaltung des Staatslebens eingesetzt, erinnerte Parlamentspräsident Momper. Mit der Städteordnung von 1808 sei die Selbstverwaltung eingeführt worden. Unter anderem setzte Stein, seit 1807 Staatsminister, auch die Bildungsreform, die Reform der Gesellschaftsordnung und die Heeresreform durch. Nach Überzeugung von Historikern sei Freiherr vom Stein der beste Staatsmann gewesen, über den Deutschland damals verfügte. Nach den napoleonischen Kriegen lag Preußen am Boden, König WilhelmIII. war »eine äußerst schwankende Gestalt«. Mit Stein als Minister begann die Erneuerung Preußens. Doch Friedrich WilhelmIII. dankte seinem Minister die Reformierung des Staates nicht und entließ ihn 1808 auf Betreiben NapoleonsI. mit der Begründung, ein »widerspenstiger, ungehorsamer Staatsdiener« zu sein. Auseinandersetzungen gab es auch von Anfang an bei der Suche nach einem geeigneten Platz für das Standbild. Die Stadtverordneten wollten den bronzenen Minister vor dem Roten Rathaus sehen. »Hier muss er hin!« entschieden sie, erinnerte Baudirektor Stimmann. Doch schließlich entschied Kaiser WilhelmI. anno 1875: Stein kommt auf den Dönhoffplatz, heute nur noch erkennbar an einer Meilensäule und einer halbrunden Kolonnade. Dort blieb er über 90 Jahre - für Berlin »eine Ewigkeit«, wie Stimmann anmerkte. Denn diese Stadt sei »schon immer im Werden, nie im Sein, immer auf der Wanderschaft«. Bei der Enthüllung des Denkmals hakte es ND-Foto: Burkhard Lange
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