Kraft und Energie aus dem Koffer

Im Ostseebad Bansin wird die Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie angeboten

  • Eleonore Findling
  • Lesedauer: 3 Min.
Das kleine graue Köfferchen hat es in sich. Es steht im Therapiezimmer des Hotels »Zur Post« in Bansin, misst gerade einmal 55 x 55 x 21 cm und lässt sein schwergewichtiges technisches Innenleben von 21 Kilogramm auf Rollen mühelos bewegen. Der Zauberkasten heißt »Oxicur 5000 Ion«. Seit fünf Minuten hänge ich am Schlauch dieses Sauerstoffspenders und atme unter der zierlichen Plastikmaske 90-prozentigen ionisierten Sauerstoff ein. 40 Minuten wird die »Sitzung« dauern, genau so lange, wie es Wissenschaftler als optimal errechnet haben. Ich schaue auf den flimmernden Minibildschirm, wo Zahlen und Striche auf und ab tanzen. Das Gerät summt leise, während es ununterbrochen die normale Raumluft mit etwa 21Prozent Sauerstoffgehalt in hochkonzentrierten Sauerstoff umwandelt, von dem ich vier Liter pro Minute einatme. Der »Chef« dieses Wunderkoffers heißt Dirk Behley (39) und ist vor zwei Jahren mit seiner Familie von Berlin nach Usedom gezogen, um die Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie, die vor mehr als zwei Jahrzehnten in einem weltbekannten Dresdner Forschungsinstitut entwickelt wurde, auf die Ferieninsel zu bringen. Die Idee, den Menschen mit Hilfe von Sauerstoff Kraft und Energie zu geben, hatte ihn schon lange fasziniert. Nun macht es der transportable Sauerstoff-Konzentrator möglich, die Behandlung ambulant durchzuführen. Dank Behley gibt es in den alten Kaiserbädern Bansin, Heringsdorf und Ahlbeck neben den klassischen Gesundheits- und Wellnessangeboten jetzt auch Sauerstoffkuren überall dort, wohin man ihn ruft. Was macht die Sauerstoffkur so interessant? Und wer darf sie anwenden? Nur Menschen mit schwerer Schilddrüsenüberfunktion, Epileptiker und Patienten mit transplantierten Organen sollten sie meiden, erklärt der Therapeut, der eng mit einem Arzt zusammenarbeitet und jeden Patienten vor Behandlungsbeginn auf Wunsch untersuchen lässt. Ansonsten ist sie nahezu jedermann zu empfehlen. Behley hat sich gründlich mit Fachpublikationen beschäftigt. Sauerstoffmangel, sagt er, ist die Ursache zahlreicher Krankheiten, vor allem im fortgeschrittenen Alter. Lang ist die Liste der Leiden und Gebrechen, wo diese Therapie eine Menge bewirken kann. So seien hier stellvertretend für viele gesundheitliche Probleme nur einige Beispiele genannt: Stärkung des Immunsystems, Verminderung von Atemnot, Kreislaufproblemen und Durchblutungsstörungen, Normalisierung des Blutdrucks, Vorbeugung gegen Krankheiten, Steigerung der geistigen Konzentration, Verbesserung der körperlichen Belastbarkeit. Sauerstoff ist nun einmal das Element, ohne das unser Leben nicht möglich ist. Inzwischen ist der Bildschirm erloschen. Ich schlucke zum Abschluss - wie bereits zu Beginn - noch einmal ein konzentriertes Vitaminpräparat, das die Wirkung des zuvor inhalierten Lebens- und Energiespenders unterstützen soll. 160 Liter 90-prozentigen ionisierten Sauerstoff habe ich inzwischen eingeatmet. Fünf weitere Sitzungen unter der Atemmaske werden folgen. Denn 6 Kurbehandlungen sollten es mindestens sein, noch besser sind zehn, findet der Therapeut. Die Behandlung hat allerdings ihren Preis: Sechs mal 40 Minuten kosten z.B. 198, eine Zehn-Tage-Kur 298 Euro. Das Hotel »Zur Post«, Basisstation der Sauerstoffbehandlung, aber auch andere Ferienhäuser der Insel bieten in der Vor- und Nachsaison auch kombinierte preisgünstige Kurreisen an. Wer außer frischer Ostseebrise zusätzlich Sauerstoff tanken möchte, sollte sich rechtzeitig anmelden, denn der kleine graue Koffer ist viel unterwegs. Hotel zur Post, Seestr. 5, 17429 Seebad Bansin, Tel. 038378-56-0, Fax 038378-56-220
App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal