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Unmutiger Mißmut

  • Wolfgang Rex
  • Lesedauer: 2 Min.

„Mut statt Mißmut“, so hat FDP-Vorsitzender Lambsdorff ein 18seitiges Papier zur deutschen Einheit überschrieben und gestern der Presse vorgelegt. Der Graf macht es sich keineswegs leicht und holt Losungen aus dem Keller, die allen gefallen. Beispielsweise geht er den Wirtschaftsminister aus seiner Partei an und widerspricht dessen rosigen Prognosen über den Wirtschaftsaufschwung im nächsten Jahr. Überall in der Welt zeige der Wegweiser in Richtung Stagnation. Wie wolle die expörtabhängige Bundesrepublik da drei Prozent Wachstum schaffen, fragt er. Mit seiner Denkart sieht Lambsdorff auch für die deutsche Einheit, also gleiche Lebensbedingungen in beiden Teilen, schwarz.

„Diese Schrift ist deshalb ein Angriff auf falsche Ansprüche, falsche Erwartungen und falsche Versprechungen“, meint der FDP-Chef. Zu falschen Ansprüchen zählt er die Tarifpolitik. Die Republik brauche Öffnungsklauseln in den Tarifverträgen. Das heißt, der Widerstand von Arbeitern gegen zu geringe Bezahlung soll auf einen Betrieb begrenzt und damit verhindert werden. Das Beispiel Lufthansa macht Appetit auf weitere Aktionen. Angst vor Ar-

beitsplatzverlust wird gegen Lohnverlust getauscht.

Das Anspruchsdenken habe astronomische Größen erreicht, spricht der Graf mit Blick auf die Kosten für Krankheit. Deutschland brauche eine marktwirtschaftliche Krankenversicherung. Es gibt aus unterschiedlichsten Gründen Ausgaben bei der Krankenversicherung, die tatsächlich zu reduzieren sind. Sollten die Versicherungen aber in den Wettbewerb um die geringsten Kosten treten, dann fallen die Geringverdienenden durch. Sie können in der Regel“ auf wendige Behandlungen nicht finanzieren.

Schließlich richtet der FDP-Chef Appelle an andere. Etwa an die Bundesländer im Westen, wo die FDP höchstens mitregiert. Richtig fragt der Graf, welche Stadt auf ein Schwimmbad, auf ein neues Rathaus verzichte, weil “die Investitionen nach Osten gehen sollten. Er sehe derartige Einsparungen nicht. Dabei solle der Aufschwung Ost vor dem Ausbau West rangieren. Lambsdorff verkneift sich die Frage, für wieviele Milliarden die Bundesrepublik weiterhin in Bonn Regierungsbauten hinstellt. Die mit dem Umzug nach Berlin ohnehin nicht gebraucht würden.

Die Sparvorschläge des Grafen gehen in eine Richtung, von der die Wähler seiner Partei nur selten betroffen sind. Bei den restlichen Wahlbürgern dürfte sich Unmut ausbreiten.

WOLFGANG REX

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