Auskunfts- und Wahrheitspflicht auch gegenüber Privaten?

Teil 2

  • Prof. Dr. ERICH BUCHHOLZ, Rechtsanwalt
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.
Wenn ein Versicherungsnehmer einen Versicherungsfall vorsätzlich herbeiführt, also einen Versicherungsbetrug versucht, besteht grundsätzlich Leistungsfreiheit des Versicherers, die Zahlung entfällt. Diese Leistungsfreiheit tritt aber nur gegenüber demjenigen ein, der selbst vorsätzlich gehandelt hat. Wenn Fahrer und Halter eines Autos zum Beispiel nicht identisch sind, bleibt es bei der Halterhaftung. Es hat also der Halter nachzuweisen, dass er die erforderliche Sorgfalt an den Tag gelegt hat, dass er bei der Auswahl der Personen, die mit »seinem« Fahrzeug fahren durften, Sorgfalt bewies. Ein besonderes Problem ist die Unfallflucht, genauer gesagt der unerlaubten Entfernung vom Unfallort (§ 142 StGB). Versicherungsrechtlich gilt Unfallflucht als typischer Fall der Verletzung der Aufklärungsobliegenheiten. Insbesondere wenn ein Strafverfahren gem. § 142 StGB durchgeführt wurde, hat dies zur Konsequenz, dass der Versicherer nicht zahlt und auch nicht zu zahlen braucht. Auch bei eindeutiger Haftungslage, d. h. wenn an sich ein Versicherungsfall vorliegt, wird der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung allein deswegen frei, weil eine Unfallflucht vorlag. Im Versicherungsrecht muss jedoch die gleiche Bagatellgrenze beachtet werden wie im Strafrecht. Im allgemeinen soll diese Grenze bei 20 Euro liegen. Ist also der Schaden so gering, dann kommt weder eine strafrechtliche Verfolgung noch die Konsequenz des Wegfalls des Versicherungsschutzes in Betracht. Ist der Schaden höher, wird eine zur Leistungsfreiheit des Versicherers führende Verletzung der Aufklärungsobliegenheiten des Versicherungsnehmers angenommen, wenn ein Fremdschaden in Höhe von etwa 60 Euro (anderswo von 110 Euro) festgestellt wurde. Im Unterschied zum Strafrecht, wo die Schuld, bewiesen werden muss, wird der Vorsatz einer unerlaubten Entfernung vom Unfallort versicherungsrechtlich dann vermutet, wenn der objektive Tatbestand dieser unerlaubten Entfernung vom Unfallort vorlag, also wenn der Betreffende sich nach einen Unfall vom Unfallort entfernt hatte. Die Beweislast ist also umgekehrt. Auch wenn die Obliegenheitsverletzung - in Gestalt einer Unfallflucht - folgenlos blieb, verbleibt es bei der Leistungsfreiheit des Versicherers, weil diese Obliegenheitsverletzung, dieser Rechtsverstoß, generell geeignet ist, das Aufklärungsinteresse des Versicherers zu gefährden. Besonderheiten sind bei geleasten Fahrzeugen zu beachten. Wird ein solches Fahrzeug ohne Fremdschaden beschädigt, wird dem Versicherungsnehmer keine Unfallflucht zugerechnet. Denn der »wirtschaftliche Eigentümer« des Fahrzeugs und der Versicherungsnehmer haben in solchem Fall kein Interesse an der Aufklärung. Möglicherweise könnte eine solche Aufklärung (z.B. bei Trunkenheit) zur Beendigung des Leasing- oder Kreditierungsvertrages führen. Das möchte aber weder der »wirtschaftliche Eigentümer« des Fahrzeugs noch der Sicherungsnehmer (weil dann der Vertrag mit den Leistungen in Gestalt der Leasing- oder Tilgungsraten entfiele). Nicht selten bei einem Verkehrsunfall, dass der Unfallbeteiligte einen so genannten »Unfallschock« erleidet. Wenn der Versicherungsnehmer solches angibt und damit behauptet, in dieser Situation schuldunfähig gewesen zu sein, so muss er das beweisen. Das ist oft nicht einfach. Da die Beweislast beim B...

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