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Kurpfuscher

  • Lesedauer: 2 Min.

„Der Umbau des Sozialnetzes von den Renten bis zur Arbeitslosenversicherung ist unverzichtbar... Die Lage der Staatsfinanzen ist heute leider so dramatisch, daß wir die Staatszuschüsse zu den Sozialleistungen kürzen müssen.“ Die Zustandsbeschreibung des Kanzlerberaters Friedhelm Ost ist korrekt. Der Schuldenberg, den die konservativ-liberale Koalition in den letzten zehn Jahren anhäufte, ist enorm - ein so leichtfertiger Umgang mit fremdem Geld hätte jeden Normalverbraucher längst vor den Kadi gebracht. Es ist auch nicht zu leugnen, daß die Abgaben für die Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung mit 37 Prozent am Bruttolohn tatsächlich einsame Spitze darstellen. Indes, Tatsache ist auch, daß der Anteil der Sozialleistungen mit 15 Prozent am Bruttosozialprodukt den tiefsten Stand seit 1974 erreicht hat. Von einer die Wirtschaft gefährdenden sozialen Kostenexplosion kann da wohl kaum gesprochen werden. Wohl aber davon, daß sich die Bundesregierung als unfähig erweist, die durch den Konjunktureinbruch verschärften ökonomischen und sozialen Prozesse der deutschen Einheit zu beherrschen. Um den desolaten Staatshaushalt zu entlasten, verfiel sie auf die abstruse Idee, einen Großteil der Kosten dafür den Sozialkassen aufzuladen. Als sei eine solch anspruchsvolle und zudem gesamtgesellschaftliche Aufgabe aus der Portokasse zu finanzieren.

Jetzt, da sich herausgestellt, daß die Sozialversicherung nicht zu leisten vermag, wofür sie nicht geschaffen, fällt den Bonner Koalitionären nichts anderes ein, als das bewährte Fundament einer sozialen Absicherung gegen die Lebensrisiken Krankheit, Arbeitslosigkeit und Alter gänzlich zur Disposition zu stellen, indem man ihnen die staatlichen Zuschüsse verweigert. Eine Logik, die ein wenig an jenen Kurpfuscher erinnert, der seinem beinamputierten Patienten die Krücken wegnimmt, um dann verblüfft festzustellen, daß er gar nicht mehr laufen kann.

HANNELORE HUBNER

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