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Womit zum Beispiel?

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Aus dem „Antibürokratietag“, den die Dresdner PDS vorbereitet, müßte man eigentlich eine Kampagne machen. Das ist doch nicht nur in Dresden ein Thema. Die PDS hängt dort Dokumente von Ämtern und Behörden an Wäscheleinen auf der Straße auf, um den ganzen Widersinn dieses Systems deutlich zu machen.

Ein anderes Beispiel: Der Parteivorstand hat die Wahlstrategie sehr zeitig veröffentlicht, aber bei manchen Dingen fragt man sich: Gibt es da überhaupt den Basisbezug in der Vorbereitung? Was sind die Zielgruppen? Auf wen stützen wir uns? Wir hätten uns viele Diskussionen hinterher, empörte Diskussionen unter anderem, sparen können, wenn man sich mehr auf die Stimmung in der Partei bezogen hätte.

Apropos Zielgruppen. In Hohenschönhausen hat ja die

PDS bei der letzten Kommunalwahl ein sehr gutes Ergebnis erzielt. Sie ist mit 18 von 45 Sitzen stärkste Fraktion in der Bezirksversammlung, stellt drei von sieben Stadträten. Das geht ja wohl nur, wenn man genau darauf hört, was die Bürger wollen?

Wir haben einen Vorteil im Ostteil der Stadt, dort sind wir durch unsere vielen Mitglieder verankert in der Bevölkerung. So ist es möglich, unsere Ideen, unsere Vorstellungen von Kommunalpolitik 'rüberzubringen. In Hohenschönhausen sind wir die einzige Fraktion, die in Bezirksverordnetenversammlungen erörterte und beschlossene Dinge öffentlich macht, sie den Bürger erklärt. Außer PDS-Mitgliedern haben wir in Hohenschönhausen ein Stammwählerpotential. Das will natürlich „gepflegt“ sein. Da steht die PDS in der Pflicht, ausgewogene Positionen zur Frage der Geschichtsbetrachtung, im Umgang mit Geschichte zu beziehen. Das haben wir als Hohenschönhausener PDS, meine ich, ganz gut verstanden.

Annegret Gabelin (35) ist verheiratet und hat zwei Kinder

Foto: Joachim Fieguth

Sie haben einen radikal neuen strategischen Ansatz gefordert, um Reihen zu gewinnen, um Mehrheiten zu gewinnen. Was verstehen Sie darunter?

Das betrifft den Streit in der Berliner PDS, wenn es um die Strategien hier in Berlin geht. Was setzt man der gegenwärtigen Senatsstrategie entgegen? Die sieht ja so aus, daß der Staat die günstigsten Bedingungen schaffen will, da-

mit das große Kapital hierherkommt und eine Dienstleistungsmetropole errichtet wird. Mit allen sozialen Folgen, die das hat, also Freizug der Innenstadt, soziale Polarisierung, räumliche Polarisierung. Die wenigen Mittel, die da sind, würden nun auch noch für Kongreßzentren ausgegeben. Die wenigen Mittel müßten aber umgelenkt werden auf eine stadtbezogene Politik, um Wohnen, um Mieten zu stabilisieren, um zu sanieren.

Also klare Alternativen, die auch die PDS-Stadträte vertreten sollten, obwohl sie „verlängerter Arm“ der Senatsverwaltung sind?

Das genau ist die Schwierigkeit. Ich sehe aber nicht den konträren Charakter, mit dem verschiedene Anträge auf dem Berliner Landesparteitag teilweise diskutiert wurden. Wir hatten einen Leitantrag, der auf die .Demokratisierung der vorhandenen Politik zielt, also Gestaltung auf der Basis dessen, was jetzt machbar ist. Und wir hatten den anderen Antrag, der besagt, diese Politik führt zu noch größeren Schwierigkeiten, wir müssen etwas anderes entgegensetzen.

Ich sage, wir müssen einfach beides tun, jetzt für die Interessen der Leute eintreten, manches versuchen zu lin-

dern, Proteste und Widerstand organisieren. Zum anderen aber brauchen wir Alternativen. Und .das mehr oder weniger geschlossene Berlin-Konzept, das haben wir noch nicht.

Welchen Zusammenhang sehen Sie zwischen offensiver Kommunalpolitik und den Bundestagswahlen?

Ich gehöre zu denen, die sehr dafür sind, daß die Partei auch von der Bundesebene her erkennt, wie wichtig die Kommunalpolitik ist. Und da halte ich das einfach für eine Unterschätzung, wenn wir hier auf dem Parteitag einen Beschluß zu den Wahlen fassen und ein Änderungsantrag der Arbeitsgruppe Kommunalpolitik dazu abgelehnt wird. Der wollte weiter nichts, als klarstellen, daß die Kommunalwahlen in den ostdeutschen Bundesländern Angelegenheit der gesamten Partei sind und als solche behandelt werden müssen.

Kommunalpolitik ist genau der Punkt, wo wir den Leuten zeigen können: Was kann die PDS tun, was machen die Regierenden mit uns, was wollen wir dagegensetzen. Gute Kommunalpolitik ist Voraussetzung für den Erfolg bei den Bundestagswahlen.

Gespräch: CLAUS DUMDE

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