Vitamin»papst« Rath verlor Prozess

Geldstrafe wegen »irreführender Werbung« Urteil noch nicht rechtskräftig

  • Daniel Rühmkorf
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.

Der von Holland aus agierende Unternehmer Dr. med. Matthias Rath, der über sein deutsches Beraternetz eine umfangreiche Vertriebsstruktur für seine Vitaminpräparate aufgebaut hat, wurde in der vergangenen Woche im Amtsgericht Berlin-Tiergarten zu einer Geldstrafe von 45000 Euro verurteilt.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Rath im Internet für seine Vitaminprodukte irreführend geworben habe. Die von ihm produzierten Mittel (u.a. Vitacor Plus, Arteriforte, Osteoforte, Immunocell) machten - so das Gericht - den Anschein, zur Therapie von Bluthochdruck, Herzinfarkt und Krebs geeignet zu sein. Diese Aussagen könnten beim Kunden den Eindruck erwecken, bei den Präparaten handele es sich um Arzneimittel. Vom Vorwurf des illegalen Arzneimittelhandels wurde Rath freigesprochen. Zwar werbe Rath auf seiner Homepage in Deutsch für seine Produkte, inwieweit diese Produkte aber nach Deutschland eingeführt würden, konnte bis auf eine aktenkundige Lieferung nicht nachgewiesen werden. Den Stein ins Rollen gebracht hatte der Fachgebietsleiter für Ernährungsmedizin, Parenterale Ernährung und Antidote des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Christian Steffen. Er bearbeitete Anfragen von Aufsichtsbehörden und Krankenkassen, in denen Aufklärung über die von Rath vertriebenen Mittel erbeten wurde. Steffen kritisierte, dass Rath mit seinen bis zum 100-fachen des Tagesbedarfs angereicherten Vitaminkonzentrationen die Patienten eher gefährde als ihnen helfe. In den Niederlanden, wo sich seit 1997 der Firmensitz Raths befindet, können seine Produkte frei erworben werden. In Deutschland hingegen sind die Auflagen strenger. Sobald Vitaminpräparate den Tagesbedarf erheblich überschreiten oder zur Behandlung von Krankheiten dienen, müssen diese wie ein Arzneimittel zugelassen werden. Und eine Zulassung, da ist sich Steffen sicher, würde Rath in Deutschland derzeit nicht erhalten, weil die von ihm beschriebenen Wirkungen wissenschaftlich nicht belegt sind. Dr. Rath bescheinigt sich ein »grundlegend neues wissenschaftliches Verständnis«. Demzufolge sind Volkskrankheiten wie Herzinfarkt, Schlaganfall und Krebs Folge eines Mangels an Vitaminen, Mineralien und anderen Biokatalysatoren in Millionen Körperzellen. Da aus Raths Sicht die Lebensmittel nicht genug Vitamine enthielten, sei zur Prävention und bei bereits bestehenden Krankheiten eine Therapie mit seinen Mitteln angezeigt. Rath bezichtigt die Pharmaunternehmen, dass sie lediglich daran interessiert seien, die Menschen krank zu erhalten, damit weiter Geschäfte mit der Krankheit gemacht werden können. Dem setzt er seine Gesundheits-Allianz entgegen, mit der er die »größte Befreiungsbewegung in der Geschichte der Menschheit« lostreten will. Anfang Oktober machte Rath Veranstaltungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz und warb für sein Buch »Warum kriegen Tiere keinen Herzinfarkt...aber wir Menschen?«. Sein Buch, so Rath, sei gefährlich für die, die mit der Dummheit der Menschen Milliarden machten. Während Rath sich selbst als Kämpfer für die Wahrheit darstellt, der auch den Mächtigen der Welt in ganzseitigen Anzeigen sagt, was Recht ist (»Make Health - Not War«), hatte das Gericht keine Gnade mit ihm. Ob bei dem Beklagten Züge von Paranoia aufgrund seiner Äußerungen zum »Vitaminverbot« und zu einer weltweiten Verschwörung von Politik und Pharmaindustrie nachzuweisen seien oder es sich bei Rath lediglich um einen marketingorientierten Unternehmer handele, wollte der Richter nicht weiter erörtern. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Verteidigung wie auch St...

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