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Sündenbock?

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JURI TSCHURBANOW: Von Jelzin begnadigt Telefoto: dpa

Er war zwar nicht der Vetter, aber der Schwiegersohn von KPdSU-Generalsekretär Leonid Breshnew. Und als dessen Nachfolger Michail Gorbatschow vor dem ZK im Januar 1987 zum Feldzug gegen Vetternwirtschaft und andere Detenerationserscheinungen in er Funktionärskaste blies, war Juri Michailowitsch Tschurbanow das erste prominente Opfer. Wenige Tage danach nämlich wurde er verhaftet und im Dezember 1988 wegen Amtsmißbrauchs und passiver Bestechung zu zwölf Jahren verschärfter Lagerhaft verurteilt. Auf Grund eines Gnadenaktes von Präsident Jelzin durfte Tschurbanow jetzt als freier Mann aus Nishni Tagil im Ural nach Moskau zurückkehren. Ärztliche Atteste hatten ihn schon zuvor von schwerer Lagerarbeit befreit.

Tschurbanow, Jahrgang 1936, war Oberstleutnant im Innenministerium der UdSSR, verheiratet und Vater zweier Kinder, als er Anfang der 70er Jahre dem Werben der sieben Jahre älteren Breshnew-Tochter Galina erlag. Die hatte bereits zwei Ehen hinter sich und führte ein in vielfacher Hinsicht äußerst konsumfreudiges Leben. Ihr Vater beklagte sich darüber zwar des öfteren, doch dabei beließ er es. Womöglich hofft! Breshnew, seine Tochter komme durch die Heirat mit dem Qf fiziefcih „ordentliche Hände“. Tschurbanow jedenfalls machte daraufhin eine schwindelerregende Karriere: Innerhalb eines Jahrzehnts brachte er es bis zum 1. Stellvertreter des Innenministers im Range eines Generalleutnants und zum ZK-Kandidaten - und verlor offenbar jedes Gefühl für Gesetz und Moral.

Vor Gericht wurde ihm insbesondere vorgeworfen, er habe Hunderttausende von Rubeln als Bestechungsgeld aus Usbekistan angenommen, wo die Statistiken der Baumwollernte gefälscht und Rohstoffe auf den Schwarzmarkt umgeleitet worden waren. Tschurbanow stellte sich diesbezüglich ahnungslos, gab jedoch den Mißbrauch seines Amtes zu, das er bereits 1984 zwei Jahre nach Breshnews Tod - verloren hatte. Sein Verteidiger argumentierte nicht ungeschickt, offenbar müsse sein Mandant allein den Kopf für den ganzen Breshnew-Clan hinhalten.. Vielleicht war es dieser Gedanke, der Jelzin zum Gnadenakt bewogen hat.

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