- Politik
- Die Geschichte der Reichskriegsflagge
Symbol für Neonazis
1867 tauchte die Reichskriegsflagge zum ersten Mal als Fahne der Marine des Norddeutschen Bundes auf. 1871 wurde sie vom Kaiserreich mit dessen Gründung übernommen. Der einköpfige Preußenadler im Schnittpunkt des Balkenkreuzes stellt das Zeichen Friedrich des Großen dar. Die schwarz-weiß-rote Fahne dokumentiert mit ihren Farben und dem Symbol des Eisernen Kreuzes die Macht und die Eroberungsgelüste des deutschen Kaiserreiches vor und während des ersten Weltkriegs. Wo der deutsche Adler einmal seine Krallen in ein Land geschlagen habe, sei deutsches Gebiet, umschrieb Wilhelm II einmal die symbolische Bedeutung der Flagge.
War die Verwendung der Fahne zunächst auf die Kriegsmarine beschränkt, so durften sie ab 1893 auch die Souveräne der deutschen Bundesstaaten, die Prinzen regierender Königshäuser und die Hansestädte benutzen. Nach Ende des ersten Weltkriegs behielt die Weimarer Republik die Reichskriegsflagge in ?veritaderteaKQrHirbei, nahm den preußischen Adler heraus und setzte dafür die Farben Schwarz, Rot, Gold ein. Die Nationalsozialisten übernahmen wieder die kaiserliche Form und verpaßten der Flagge einen rot gefärbten Hintergrund sowie ein Hakenkreuz.
Nach dem zweiten Weltkrieg blieb lediglich die Na^ zi-Version der Reichskriegsflagge laut Paragraph
86a Strafgesetzbuch (Verwenden von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen) verboten. Wenn jemand dagegen das kaiserliche Banner mit Eisernem Kreuz und Reichsadler schwenkte, gab es keine rechtliche Handhabe, dagegen einzuschreiten.
Bevor rechtsextreme Jugendliche die Reichskriegsflagge für sich neu entdeckten, gehörte die Fahne zu den begehrten Objekten von Militaria-Sammlern. So blieb die Kriegsflagge des wilhelminischen Reiches lange Zeit bloßes Sammler-Relikt. Erst die Neo-Nazis benutzten ab Anfang der 70er wieder das Symbol des imperialistischen Deutschlands, quasi als Ersatz für die verbotenen nazistischen Fahnen und Abzeichen. Durch die Anschläge der Rechten aufgeschreckt, sensibilisierte sich auch die politische Öffentlichkeit gegen das Zeigen der alten wilhelminischen Kriegsflagge. So mußte im Dezember 1992 Karl Dersch, Vorstandsmitglied, der Daimler-Benz-Tochter Deutsche Aerospace, seinen Posten räumen, als belcannt wurde, äati in seinem Garten' die Reichskriegsflagge wehte.
Vergangene Woche hat Brandenburg als erstes Bundesland das Zeigen der Reichskriegsflagge unter Strafe gestellt. Damit ist eine seit langem gestellte Forderung von antifaschistischen Organisationen in Erfüllung gegangen.
JÜRGEN AMENDT
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