Anna Kamati zog in ein neues Haus

Die sechsfache Mutter ist Nutznießerin des SODI-Lehmbau-Projektes in Otjiwarongo

  • Ilona Schleicher
  • Lesedauer: 4 Min.
Am Rande der namibischen Stadt Otjiwarongo leben 8500 Menschen - meist Hereros, Damaras und Ovambos - in einer Slumsiedlung. Das Lehmbauprojekt von SODI verschafft etwa 900 von ihnen ein menschenwürdiges Zuhause.
ND-Spendenaktion mit SODI, INKOTA und Weltfriedensdienst Anna Kamati, 39 Jahre alt und allein stehende Mutter von sechs Kindern, beginnt jeden Tag mit einem Blick auf das Bäumchen vor der Haustür. Sie hat es gepflanzt, als sie und die beiden Jüngsten das Haus bezogen haben. Als eine der ersten hatte sie sich in die Teilnehmerliste für ein Projekt des Solidaritätsdienst-international e.V (SODI) eingetragen, das in der Elendssiedlung Orwetoveni am Rande der zentralnamibischen Stadt Otjiwarongo den Bau von 160 Häusern in umweltfreundlicher Lehmbautechnologie vorsieht. Die Arbeit bei der städtischen Müllbeseitigung bringt Anna den mageren Verdienst von umgerechnet 40 Euro monatlich ein. Würde sie davon noch etwas zurücklegen können, um ihren finanziellen Eigenanteil an Haus und Grundstück aufzubringen? Einen zinsgünstigen Kredit dafür würde sie von der Stadtverwaltung bekommen. Anna hat es gewagt und sie hat neben ihrem Job auch Lehmziegel für ihr Haus hergestellt. Denn sie wollte unbedingt heraus aus Brettern und Wellblech. Ein festes Dach über dem Kopf war ihr Ziel. Und vor allem: Ihre Kinder sollen es einmal besser haben. Demnächst wird Anna einen Zaun setzen und einen Garten anlegen. Kochen muss sie vorläufig weiter im Freien - mit Holz, obwohl das fast so knapp ist wie Wasser. Das bekommt sie nun aus der neu angelegten Leitung. Für Strom reicht das Geld im Moment nicht, aber ein Anschluss ist vorhanden. Vielleicht wird ja auch eine Lösung für Energie sparendes Kochen gefunden, die dem Alltag der Frauen in Orwetoveni angepasst ist. Die bisherigen Ergebnisse des Projektes können sich sehen lassen: 70 Häuser wurden bereits gebaut, 20 sind rekonstruiert worden. Darüber hinaus wurden drei Kindergärten (u.a. auch für 16 Aids-Waisen) eingerichtet. Bei dem Projekt ziehen SODI, seine namibische Partnerorganisation Namibian Clay House Development Project und die Stadtverwaltung von Otjiwarongo sowie die Shack Dwellers Federation Namibia, eine Vereinigung von Slumbewohnern, an einem Strang. ......................................................................................................... Der Schirmherr des SODI-Projekts in Otjiwarongo - der Umweltminister von Mecklenburg-Vorpommern, Prof. Wolfgang Methling (PDS) - hält es »für beispielhaft, dass in Otjiwarongo im Sinne der Agenda21 ein soziales Anliegen, nämlich die Verbesserung der Lebensbedingungen, mit ökologischer Verträglichkeit in die Praxis umsetzt wird und somit die Tür für eine nachhaltige Entwicklung fördert«. ......................................................................................................... »In Namibia«, davon ist der Schweizer Lehmbauexperte Professor Rhyner überzeugt, »kann die Lehmbautechnologie, richtig angewendet, Wohnungsprobleme in großem Stil lösen helfen und neue Entwicklungsimpulse auslösen.« Holz ist ohnehin kaum mehr verfügbar, Zement muss importiert werden. Bauen mit dem einheimischen Lehm, der voll wieder verwertbar ist, kommt ohne schädliche Zusatzstoffe aus. Lehm wird mit Wasser vermischt und in Form gebracht - den Rest erledigt die heiße namibische Sonne. Die Kosten für Außenmauern und Zwischenwände liegen auch deshalb etwa 40 Prozent niedriger als die für Häuser herkömmlicher Bauart in Südafrika. Am Rande von Otjiwarongo - in der Sprache der Herero »angenehmer Ort« - geht es jedoch um mehr als eine weitere Bestätigung der Lehmbautechnologie. Die aktive Teilnahme am Projekt bestärkt die Townshipbewohner darin, die Verbesserung ihres Lebens in die eigenen Hände zu nehmen. Es entwickeln sich erste Ansätze einer tragfähigen wirtschaftlichen Basis - soweit diese bei den gegebenen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Rahmenbedingungen möglich sind - und für sozialen Zusammenhalt. So gab es im ersten Projektjahr in der Lehmziegelproduktion zeitweise 80 Arbeitsplätze. Diese Zahl konnte in diesem Jahr auf 100 erhöht werden. Fünf Personen stellen kostengünstiger Dachziegel aus Leichtbeton her, die inzwischen einen Markt in Namibia gefunden haben. Zwei von ihnen wollen eigene Werkstätten gründen. Außerdem haben hier 20 Maurerlehrlinge ihren berufspraktischen Unterricht absolviert. Anna Kamati hat in ihrem neuen Haus gern Besucherinnen und Besucher um sich. Oft spricht sie mit ihnen über AIDS. Dieses Thema war bis vor kurzem in ihrem Umkreis noch völlig tabu - inzwischen ist AIDS-Aufklärung für die Projektteilnehmer fast selbstverständlich geworden. Anna hat unterdessen den Mut zu einem HIV-Test gefasst. Auch damit will sie das neue Leben für sich und ihre Kinder verteidigen. Für sie und die über 70 anderen Familien, die bislang eine neue Wohnstätte erhielten, ist Otjiwarongo bereits zu einem »angenehmen Ort« geworden.
Nachdem die Spendenaktion »Drei Kontinente - drei Hilfsprojekte« am vergangenen Sonnabend gestartet wurde, sind bereits am Montag die ersten Spenden eingegangen. Wer spenden möchte: Konto SODI e.V. bei der Berliner Sparkasse, BLZ 100 50 000, Ktonr. 99 000 9220 Kennwort »3-Kontinente«. Auf Wunsch werden Spendenquittungen ausgestellt.
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