Bombe um Bombe-Terror feiert Orgien

Blutbad in Istanbul: 27 Tote, 450 Verletzte/Bush und Blair auf Kriegskurs/Massenprotest in London

Während Bush und Blair gestern in London die Fortsetzung ihres so genannten Anti-Terror-Krieges postulierten und Zehntausende für ein Ende des Mordens demonstrierten, explodierten in Istanbul zwei gewaltige Bomben.

Bei den Anschlägen in Istanbul wurden nach Erkenntnissen von Donnerstagabend 27 Menschen getötet und über 450 verletzt. Ein Gebäude der HSBC-Bank und das britische Konsulat, das in Beyoglu - im europäischen Teil der Stadt - liegt, wurden zerstört. Der Generalkonsul kam ums Leben. Wie bereits am Samstag, als bei zwei Attentaten auf Istanbuler Synagogen 25 Menschen getötet wurden, explodierten die gewaltigen Sprengkörper ohne Vorwarnung. Laut türkischer Nachrichtenagentur Anadolu sei im Bankenviertel Levent ein geparktes rotes Auto vor der HSBC-Bank explodiert. Vor dem britischen Konsulat ist - so Augenzeugen - ein grüner Lieferwagen während der Fahrt explodiert. Mit hoher Wahrscheinlichkeit handelt es sich abermals um Selbstmordattentate. Nachdem sich Rauch und Staub verzogen hatten, boten die Tatorte ein Bild des Schreckens: Blutüberströmte Menschen irrten durch die Straßen. Trümmer und ausgebrannte Autos führten zum Chaos und erschwerten den Rettungseinsatz. Sicherheitsexperten gehen von einer gemeinsamen Täterschaft des Terrornetzwerkes Al Qaida und der türkischen Extremistengruppe IBDA-C aus. Neben den türkischen Sicherheitskräften wurde auch die Armee in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Die Regierung kündigte »harte Konsequenzen« an, ohne Einzelheiten zu nennen. Doch die Terroristen haben ihr primäres Ziel, allgemeine Unsicherheit zu erzeugen, erreicht. Niederlassungen westlicher Firmen verstärkten ihren Schutz. Die größte europäische Fluglinie British Airlines berief ein Sicherheitstreffen ein, Hotelketten orderten zusätzliches Sicherheitspersonal. Die britische Regierung hat vor Reisen in die Türkei gewarnt. Auch das spanische und das deutsche Außenamt gaben eine Reisewarnung heraus. Besorgnis treibt Tourismus-Manager um. TUI bietet kostenlose Umbuchungen an. In London hatte am gestrigen Abend eine Massendemonstration gegen den vor allem von den USA und Großbritannien initiierten Irak-Krieg sowie den gegenwärtigen Staatsbesuch von US-Präsident George W. Bush begonnen. Die Veranstalter rechneten mit bis zu 100000 Teilnehmern. Sie hatten von der Londoner Polizei, die mehr als 5000 Beamte einsetzte, erst nach langen Verhandlungen die Erlaubnis erhalten, durch das Regierungsviertel zu ziehen. Die Demonstranten trugen Anti-Bush- und Anti-Blair-Plakate. Bush und Premier Tony Blair, die über neue Strategien gegen den wachsenden irakischen Widerstand berieten, reagierten auf die Bombenanschläge mit dem »gestärkten Willen«, den von den USA ausgerufenen Feldzug gegen den Terrorismus unter allen Umständen zum Erfolg zu bringen. Vor allem Bush zeigte sich unbelehrbar. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz sagte er, man werde sich nicht von Terroristen demoralisieren lassen. »Großbritannien, Amerika und andere freiheitsliebende Staaten stehen heute vereint in Trauer und vereint in ihrer Entschlossenheit, das Übel zu besiegen, wo immer es zutage tritt.« Blair ergänzte, die Anschläge änderten nichts am britischen Engagement, mit dem Terrorismus »aufzuräumen«. Unterdessen ging die US-Operation »Eisenhammer« mit massiven Angriffen in zivilen Gebieten Iraks weiter. Rätselhaft bleibt ein Alarm in Washington. Man räumte das Weiße Haus, nachdem angeblich ein Flugzeug die Verbotszone ignoriert hatte. Später sprach man von einem Radarfehler. In Berlin verschärfte die Polizei den Schutz der britischen Botschaft. In Dänemark wurden jüdische Einrichtungen stärker bewacht, in Grieche...

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