Schwarzes Gold erhitzt die Gemüter

Referendum über Privatisierung des Erdölsektors

Die in Uruguay für den 7. Dezember angesetzte Volksabstimmung zur Privatisierung eines staatlichen Energieunternehmens bringt heftige Auseinandersetzungen mit sich.



Die Misstöne sind unüberhörbar. Uruguays Ex-Präsident Julio Sanguinetti beschuldigt die Linke, beim Streit um die Teilprivatisierung des Erdölsektors »Nazi-Methoden« anzuwenden. Sinngemäß warf er linken Politikern vor, wie Goebbels immer die gleichen Lügen zu wiederholen. Auch die Rechte kommt nicht ungeschoren davon. Präsident Jorge Battle sah sich während einer Veranstaltung jüngst einer körperlichen Attacke ausgesetzt: Eine ältere Frau schlug während einer Veranstaltung auf ihn ein und rief, er sei ein Dieb und solle ihr das geraubte Geld wiedergeben. Anlass war der Konkurs einer zuvor privatisierten Bank, die ihr bescheidenes Vermögen mit in den Untergang nahm. Hintergrund der aufgeheizten Stimmung ist ein Referendum, mit dem die Uruguayer am 7.Dezember über die Teilprivatisierung des staatlichen Erdöl- und Energieunternehmens ANCAP entscheiden werden. Das Plebiszit wurde von der ANCAP-Gewerkschaft, linken Basisgruppen und Teilen der Oppositionspartei Frente Amplio angestrengt. Damit soll ein Gesetz rückgängig gemacht werden, das eine maßgebliche Beteiligung multinationaler Firmen an ANCAP erlauben würde. Die konservative Koalitionsregierung aus Colorado- und Nationalpartei hat mit Unterstützung der meisten Medien eine aggressive Kampagne für die Beibehaltung des vom Kongress bereits beschlossenen Gesetzes begonnen. Die Panik seitens der Regierungsparteien fußt auf den jüngsten Umfrageergebnissen: Demnach wollen 51 Prozent für die Aufhebung des Privatisierungsgesetzes stimmen, lediglich 31 dagegen. Dies wäre eine herbe Niederlage für die Koalition der traditionellen Parteien, die zudem Gefahr läuft, im kommenden Jahr erstmals das Präsidentenamt an die Frente Amplio zu verlieren. Bereits in der Vergangenheit gelang es mehrfach, in Volksabstimmungen Privatisierungsvorhaben zu bremsen und auch der geplante Ausverkauf der enormen Wasserreserven des Landes soll - so hoffen die Aktivisten - auf diesem Weg verhindert werden. Die Regierung macht geltend, dass das umstrittene Gesetz die Existenz von ANCAP sichere, weil es ohne eine Beteiligung privaten Kapitals nicht konkurrenzfähig sei. Nur so seien die notwendigen Investitionen zu finanzieren. Außerdem würden dadurch die Preise für Benzin und Strom im Land sinken. Für die Opposition, die der Regierung seit langem einen äußerst fahrlässigen Umgang mit den Reichtümern des krisengeschüttelten Landes vorwirft, ist dies Schönfärberei. In dem Gesetz, so die Kritiker, sei an keiner Stelle festgelegt, dass der zukünftige private Teilhaber investieren müsse. Er müsse auch keine neuen Märkte erschließen und überhaupt kaum Verpflichtungen eingehen. Andererseits werde ihm eine absolute Mehrheit in der Aktionärsversammlung eingeräumt sowie das Recht, vier der sechs Direktoren zu bestellen. »Wenn dieses Gesetz durchkommt, haben die Multinationalen das Sagen bei ANCAP, meint ANCAP-Betriebsrat Sergio Pi.« Pi bezweifelt auch, dass die Öffnung für das Privatkapital zu einer Preissenkung führen werde, da die Zahlen, die die Unternehmensleitung bekannt gibt, nicht korrekt seien. Nach Meinung des Gewerkschafters geht es vor allem darum, dass sich die Regierung den Vorgaben des Internationalen Währungsfonds beugt. Ein wenig Kredit für die Haushaltsentlastung gegen den Verkauf der nationalen Industrie - dies sei die Politik der Regierung seit vielen Jahren. Mit seiner Haltung habe Präsident Jorge Battle auch einem Vorschlag aus Venezuela eine Abfuhr erteilt. Dessen Präsident Hugo Chávez hatte vorgeschlagen, dass sich die großen staatlichen Ölunternehmen aus ganz Lateinamerika zusammentun sollten, um so eine gemeinsame Preispolitik und Produktionsstrategie zu entwickeln. Eine verstärkte lateinamerikanisch...


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