Und Lügen haben lange Nasen

Pinocchio im Museum Kindheit und Jugend

  • Andreas Heinz
  • Lesedauer: ca. 2.5 Min.
»Nach den Augen machte er die Nase, aber die Nase, kaum war sie fertig, fing an zu wachsen; sie wuchs und wuchs und wuchs und wurde in wenigen Minuten eine Riesennase, die kein Ende mehr nehmen wollte. Der arme Geppetto gab sich alle Mühe, sie zu stutzen, aber je mehr er an ihr abschnitt und kürzte, desto länger wurde diese freche Nase von Pinocchio«, erzählt Museumspädagogin Helma Hörath den Mädchen und Jungen im Museum Kindheit und Jugend in Mitte.
Skeptisch schauen die Kinder, als die Kuratorin dann fragt: »Wächst die Nase beim Lügen wirklich, oder ist das ein Märchen?« Hände schnellen in die Höhe: »Ein Märchen natürlich«, sind die Kinder überzeugt. Doch, sie wächst, erklärt Helma Hörath: »Beim Lügen schießt Blut in die Finger- und Zehenspitzen - und auch in die Nasenspitze. Dadurch wird sie um ein paar Millimeter länger.« Wahr oder unwahr?
Die Kuratorin regt an, einmal nachzuforschen. So lebendig kann eine Ausstellung sein. »Lügen haben lange Nasen - von Pinocchio & Co« - da sollten Kinder die Erwachsenen mitnehmen.
»Sofort, nachdem er ins Haus getreten war, nahm Geppetto seine Werkzeuge und machte sich daran, an seiner Holzpuppe zu schnitzen und zu arbeiten. "Welchen Namen soll ich ihm geben?", sagte er zu sich selbst. "Ich will ihn Pinocchio nennen. Dieser Name wird ihm Glück bringen"«, heißt es in der 1881 geschaffenen Geschichte des Florentiners Carlo Collodi. Vor der Pädagogin liegt ein Stück eines Baumstammes, dahinter ein Körbchen voller Zapfen. Welches Holz ist das? »Kastanie, Tanne, Kiefer«, raten die Kinder. Das Holzstück stammt von einer Pinie, ebenso die Zapfen, erfahren sie. Aus diesem Holz war Pinocchio geschnitzt.
Hinter dem Namen des Holzbuben verbirgt sich nämlich eine Wortspielerei. Mit »un pidocchio« (Laus) meint man in der Toskana umgangssprachlich einen Pechvogel. Zu Lebzeiten des Pinocchio-Vaters Carlo Collodi (1826 - 1890) wurde der Pinienkern mit »pinocchio« bezeichnet. Obwohl die Nase der berühmten Puppe nur zwei Mal wächst - bei der »Geburt« in der Werkstatt von Meister Geppetto und beim Schwindeln im Zimmer der Fee - ist und bleibt sie das hervorstechende äußere Merkmal des italienischen Holzbengels. Kein Wunder also, dass der Nasenbaum in dieser zweisprachigen deutsch-italienischen Ausstellung so gewichtig im Raum steht. Wer meint, noch nie die Unwahrheit gesagt zu haben, muss aufpassen, dass seine Nase nicht an den hölzernen (Nasen)-Ästen hängen bleibt.
Mit sparsam eingesetzten Mitteln und viel Phantasie wurde der Museumsraum in dem Schulgebäude an der Wallstraße in einen toskanischen Marktplatz verwandelt. Kinder und Erwachsene können so für ein paar Stunden die Welt des »ragazzo fiorentino« erleben, des Straßenjungen aus Florenz, der dem Holzschnitzer Geppetto gleich die Zunge herausstreckt.

Museum Kindheit und Jugend, Wallstr. 32, 10179 Berlin, Tel. 2750383, Öffnungszeiten: Di - Fr 9 - 17 Uhr, Sa, So 10 - 18 Uhr, Mi. Eintritt fr...

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