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  • Politik
  • Thüringer Regierung schlägt zurück

Falsch

gerechnet

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Rund fünf Millionen Mark mußte das Land Thüringen allein im Jahr 1991 für die Schulden-Zinsen berappen, 1992 stieg die Last sogar auf 63 Millionen Mark an. Der einsame Rekord wird voraussichtlich in diesem Jahr folgen, dann rechnet der Landesrechnungshof mit 270 Millionen Mark, die allein für die Tilgung der Zinsen aufgebracht werden müssen. Am Finanzhimmel des gerade aus der Taufe gehobenen Freistaates Thüringen hängen Gewitterwolken.

Allein wegen der Zahlen müßte die konservativ-liberale Koalition eiskalte Füße bekommen. Der Landesrechnungshof i hatte bereits vor Monaten auf akute Mängel in der Finanzführung und im Haushalt des Landes aufmerksam gemacht, erntete dafür allerdings nur einige zynische Bemerkungen der verantwortlichen Landespolitiker.

Anstatt der verhängnisvollen Entwicklung Einhalt zu gebieten, boxte die Koalition im Landtag dann noch eine Beschlußempfehlung durch, in der die Prüfungsergebnisse des Rechnungshofes zur „Makulatur erklärt und über das Finanzchaos in den Jahren 1991/92 der Mantel des Schweigens gedeckt“ wird. Ekkehardt Dietze von der SPD: „Nicht nachvollziehbare Lohn-

und Gehaltszahlungen von über 2,8 Milliarden Mark, verspätete Rückforderungen über 600 Millionen Mark von Landeseinrichtungen mit einem Schaden in zweistelliger Millionenhöhe und schwerwiegende Fehlleistungen bei Landesbeteiligungen wurden von der Koalitionsmehrheit auf diese Weise aus der Welt geschafft.“

Offensichtlich versucht nun die Landesregierung, die Rechte des unliebsamen Landesrechnungshofes einzuengen. Mit der vor einer Woche beschlossenen Verfassung wird nach Aussage von Rechnungshof-Präsidenten Wolfgang Ibel deren Prüfungskompetenz und Arbeitsweise beschnitten. Eigentlich sind die Kompetenzen der Instanz durch Grundgesetz und Landessatzung geregelt, das Land möchte allerdings mit der Verfassung noch einige Zusätze verbinden. Ibel bitter: „Wir werden eine Verfassungsklage anstrengen.“

Selbst mit der ersten Verfassungsklage bleibt die Landesregierung ihrer Tradition treu, denn sie wird erneut Millionen-Beträge einplanen müssen, wie sie es bereits anläßlich der Lehrerkündigungen tun mußte. Doch die Regierenden werden sich zu trösten wissen: Angesichts der Millionenschulden, aufgetürmt in den Jahren nach der Wende, sind dies eher kleine Fische, die kaum mehr ins Gewicht fallen dürften.

HOLGER ELIAS

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