Bush bestellt Präventiv-Atomwaffen

Nuklearkriege wieder wahrscheinlicher/Andere Staaten ziehen nach

Mit seiner Unterschrift machte US-Präsident George W. Bush den Weg frei für Entwicklung und Bau einer neuen Generation von Kernwaffen. Damit läutete das Weiße Haus am Montag (Ortszeit) eine neue Runde des Wettrüstens ein.

Punktgenau sollen die neuen Waffen treffen. Sie sind klein und hochbeweglich, damit sie in kürzester Zeit für die von der US-Regierung angedrohten Präventivschläge gegen »Schurkenstaaten« zur Verfügung stehen. Solche Schläge werden nun wahrscheinlicher. Präsident George W. Bush gab - so informierte sein Sprecher Scott McClellan am Montag - mit seiner Unterschrift unter einen Gesetzentwurf mehr als zehn Millionen Dollar für entsprechende Expertenstudien frei. 7,5 Millionen Dollar sollen für eine Machbarkeitsstudie ausgegeben werden, die die Nutzung von Atomwaffen als »Bunkerknacker« untersucht. Man will dabei auf bereits erprobte konventionelle B61- und B83-Sprengköpfe zurückgreifen. Die GPS-gelenkten Waffen werden unter anderem von B-2-Stealth-Bombern abgeworfen. Der von Verteidigungsminister Donald Rumsfeld zur systematischen Gefahrenüberschätzung getriebene US-Militärgeheimdienst DIA nimmt an, dass weltweit etwa 1400 Bunker existieren, die als unterirdische Lager für Massenvernichtungswaffen, als getarnte Raketenabschussvorrichtungen oder als geheime Kommandozentren genutzt werden. Sie sind potenzielle Ziele der US-Militärs. Sechs Millionen Dollar werden zur Entwicklung so genannter kleiner Atomwaffen mit begrenzter Schlagkraft verwandt. Weitere 24,9 Millionen Dollar investiert man in das Atomtestgelände in Nevada. Mit dem Geld soll die Einrichtung in die Lage versetzt werden, die Vorbereitungszeit für Atomtests flexibler zu gestalten. Bislang benötigen die Techniker 36 Monate, um einen Atomtest durchzuführen. Künftig sollen 24 Monate genügen. Bush hatte ursprünglich Finanzmittel angefordert, um die Spanne auf 18 Monate zu verringern, doch der Kongress lehnte ab. Insgesamt hatte der Kongress für das Finanzjahr 2004 die Summe von 6,3 Milliarden Dollar für nuklearwaffenbezogene Ausgaben bewilligt. Dies waren 303 Millionen Dollar mehr als im Vorjahr und 94 Millionen Dollar weniger als von Bush verlangt. Nachdem die USA ihren Willen zu Präventivschlägen auch unter Einsatz von Atomwaffen bekräftigten, zogen russische Militärstrategen nach. Auch Frankreich kündigte an, das vorhandene Nuklearwaffenpotenzial zu modernisieren. In Kürze soll eine neue Militärdoktrin veröffentlicht werden. Danach sind die französischen Nuklearwaffen nicht mehr nur als Abschreckung gegen andere Atommächte gedacht. So werde der Bau von »Mini-Atombomben« überlegt, die gezielt gegen Gebäudekomplexe eingesetzt werden können. Ebenso wie die Regierung in Washington bereite sich auch Frankreich darauf vor, solche Waffen »präventiv« gegen »Terrorstaaten« einsetzen zu können. Um die Force de Frappe bereits jetzt auf modernem Stand zu halten, gibt das NATO-Land jährlich rund drei Milliarden Euro aus. Wegen »fahrlässigen Totschlags« und »Verletzung der körperlichen Unversehrtheit« klagen derzeit mehrere französische Interessenverbände gegen die Regierung in Paris. Zwischen 1960 und 1996 sollen über 80000 Menschen von französischen Atomversuchen, die zunächst in der afrikanischen Wüste und später in Polynesien stattfanden, geschädigt worden sein. Politiker der Grünen...

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