Geschichtsträchtige Mimik in historischer Kulisse

Dramatisches Theater mit »Moira« im Schinkel-Museum

  • Nino Ketschagmadse
  • Lesedauer: 2 Min.
Drei göttliche Schwestern und eine Spindel an einem unbekannten Ort. Pausenlos weben die Moiren an den Lebensfäden der Sterblichen. Klotho, die Notwendigkeit, spinnt sie, Lachesis misst und Atropos, der Zufall, schneidet sie schließlich mit einer Schere ab. Keiner kann dem Schicksal entrinnen - sei er ein mächtiger König, ein gefeierter Krieger oder ein namenloser Sklave. Selbst Apollo muss den Kürzeren ziehen, als er versucht, die Schwestern zu überlisten, um das Leben eines Menschen zu verlängern.
In der Friedrichswerderschen Kirche, gleichzeitig Heimstatt des Schinkel-Museums, beschwört das Dramatische Theater auf Grundlage griechischer Mythen und Texte aus dem 18. und 19. Jahrhundert dergestalt das Thema Schicksalsgöttinnen. Das Stück, in dem sechs Frauen und ein Mann über Zufall und den »notwendigen Zusammenhang der Dinge« referieren und mit Odysseus in das Schattenreich der Toten steigen, nennt sich »Moira! - Die Spindel der Notwendigkeit«. Immer, wenn ein plötzlich leuchtender Kreis die Figuren zu sich zieht, wie eine Kerze den Falter, nehmen die Abenteuer der Götter mit sterblichen Frauen und ihren Nachkommen ihren Lauf.
Erlischt der Kreis, wird die Funktionsweise der Spindel aufgetischt. Die Kulisse bilden neben zwei rot bezogenen Bänken und einem symbolischen Weltbild der alten Griechen ausschließlich die zum Interieur des Aufführungsortes zählenden Skulpturen der Berliner Bildhauer des Klassizismus und der Romantik. Allein schon deshalb ist es kein gewöhnliches Theaterprojekt. Aber selbst die Rollen sind nicht eindeutig verteilt. Im Vordergrund steht nicht so sehr die Handlung, sondern vielmehr das bloße gesprochene Wort. Und so wird es unwichtig, wer welchen Part in dieser spannenden, äußerst ästhetischen Mixtur aus Platons »Politeia«, Homers »Odysseus«, Hölderlins »An die Parzen« und Karl Philipp Moritzs lexikalisch-literarischer Abhandlung über die griechischen Götter spielt.
Achtzig Minuten ohne Pause vergehen wie im Flug, das Stück passt hervorragend in das neugotische Bauwerk. Ein Berliner Museum als Spielort wählt das Dramatische Theater übrigens nicht zum ersten Mal. Zehn Produktionen sind im Laufe von vier Jahren im Rahmen des Museums-Insel-Festivals entstanden.

»Moira! Die Spindel der Notwendigkeit« Friedrichswerdersche Kirche, Werderscher Markt 1. Aufführungen 3.12., 5. - 7.12., 9.12., 12. - 14.12., jeweils um 20 Uhr. Karten14,50, ermäßigt 9,50 Euro. Info und Reservierung: 030/28044654, www.dramatisches-theater.de.
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