Bannkreis oder nicht -- das ist die Frage

Muss das Abgeordnetenhaus stärker vor Bürgerprotest gesichert werden?

Bannmeile rings um das Abgeordnetenhaus oder nicht - darüber ist wieder mal ein Streit entbrannt, der sich in Kürze im Plenum desselben fortsetzen wird. Die Grünen-Fraktion hat nämlich einen Antrag eingebracht, nach dem ein »Gesetz zur Aufhebung des Gesetzes über die Befriedung des Tagungsortes des Abgeordnetenhauses von Berlin« beschlossen werden möge. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) allerdings war gerade dabei, die Bannmeile auch auf jene Tage ausdehnen zu wollen, an denen das Abgeordnetenhaus oder die Ausschüsse nicht zusammenkommen. Bisher waren allein dann Aufzüge innerhalb der von der Polizei ausgedachten Sicherheitslinie möglich, sofern sie vom Parlamentspräsidenten und vom Innensenator nach Antrag gestattet worden waren. Für Körting zählt das Hohe Haus aber zu den Symbolen der Demokratie, die zu jeder Zeit dem Protest entzogen werden müssten. Damit würden ähnliche Regelungen wie für den Reichstag gelten. Und man spare zugleich allerhand Verwaltungsakte und so manchen Rechtsstreit, wenn Ausnahmeanträge gestellt werden. Die Grünen wiederum bestehen darauf, dass »das Abgeordnetenhaus als Ort politischer Entscheidungen nicht von Prozessen der politischen Auseinandersetzung abgeriegelt werden« dürfe. Gerade in Zeiten großer und tief greifender struktureller Veränderungen müssten Bürger »die Möglichkeit haben, ihre Meinung direkt und ohne Überwindung bürokratischer Hindernisse kundzutun«, gerade auch an politisch symbolträchtigen Orten, heißt es in dem Antragspapier. Für die PDS gibt es keinen Anlass, das Bannmeilen-Gesetz zu verschärfen, meinte MdA Steffen Zillich. Man sei wie die Grünen seit eh und je dafür, den Bannkreis um das Parlament überhaupt abzuschaffen. Da dies gegenüber dem Koalitionspartner SPD nicht durchzusetzen gewesen sei, stimme man schon gar nicht einer noch strengeren Regelung zu. Zugleich werde es aber auch kein Votum für den Antrag der Grünen geben - mit der Ansage, dass man ihn gutheiße, ihm aber aus besagtem Grund nicht beipflichten könne, so Zillich - es bleibe alles, wie es ist. Körting hat inzwischen abgewinkt. Der Dissens bei der Bannmeile sei auch für ihn keineswegs ein Konflikt. Er könne mit der PDS-Ablehnung und dem Fortbestehen der momentanen Gesetzeslage leben, ließ er auf Nachfrage wissen. Den Bannkreis hatte das Abgeordnetenhaus im August 1949 beschlossen. In der Folge waren die Paragrafen mehrfach novelliert worden. Die Tabumeile folgt einer Sicherheitslinie entlang dem Leipziger Platz und der Leipziger Straße, der Wilhelm-, der Anhalter und der Stresemannstraße. Noch heute wird der Bannkreis in einem Papier des Parlamentspräsidenten mit einem Ereignis vom 6. September 1948 begründet. Damals »drangen von der SED mobilisierte Störer in den Sitzungssaal der Stadtverordnetenversammlung vor und verhinderten die ordentlich anberaumte Sitzung«. Daraufhin habe man zur Fortsetzung de...

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