Dieser Text ist Teil des nd-Archivs seit 1946.

Um die Inhalte, die in den Jahrgängen bis 2001 als gedrucktes Papier vorliegen, in eine digitalisierte Fassung zu übertragen, wurde eine automatische Text- und Layouterkennung eingesetzt. Je älter das Original, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der automatische Erkennvorgang bei einzelnen Wörtern oder Absätzen auf Probleme stößt.

Es kann also vereinzelt vorkommen, dass Texte fehlerhaft sind.

Werner Großmann:

  • Lesedauer: 3 Min.

Am 16. August 1951 beschloß die DDR-Regierung die Bildung der „Hauptverwaltung für wirtschaftswissenschaftliche Forschung“ Das war die Geburtsstunde des Auslandsnachrichtendienstes der DDR. 1953 erfolgte dann die Eingliederung in die Staatssicherheit. Die Bildung unseres Dienstes war auch eine Antwort darauf, daß bereits seit Anfang 1946 Nachrichtenoffiziere Hitlers unter Führung von General Gehlen und unter den Fittichen amerikanischer Spionagezentralen von den Westzonen aus gen Osten spionierten. Bereits 1946, um noch etwas anderes zu sagen, wurde das Ostbüro der SPD aus der Taufe gehoben, amerikanische und britische Geheimdienste waren seine Geburtshelfer 1956 leitete Herr Globke, Altnazi, Staatssekretär im Bundeskanzleramt, die Organisation Gehlen in eine Bundesbehörde über Es war also die Zeit, wo der Kalte Krieg zwischen den Großmächten Sowjetunion und USA die beiden deutschen Staaten zu Werkzeugen der Konfrontationspolitik machte. Das prägte in den 50er Jahren und danach die Tätigkeit unseres zunächst sehr kleinen Dienstes, der damals anfangs weitgehend von sowjetischen Offizieren gesteuert wurde.

Ich selbst gehörte 1952 zur ersten Gruppe junger Leute, die mit Null-Erfahrung aber hochmotiviert begannen, das nachrichtendienstliche Handwerk zu erlernen. Wir waren geprägt durch Erlebnisse in den Kriegsjahren, durch den Einfluß antifaschistischer Elternhäuser, durch FDJ- und Parteiarbeit. Und unsere ersten Vorgesetzten und Lehrer waren Emigranten, waren Spanienkämpfer, illegale

Kämpfer gegen den Faschismus, Zuchthaus- und KZ-Häftlinge. Mit Bestimmtheit kann ich sagen: Unserem Dienst gehörten zu keiner Zeit faschistische Geheimdienstler oder andere Nazis an.

Die Tätigkeit der HVA erfolgte auf der Grundlage „von Gesetzen der DDR Und damit legal, sie verstieß nicht gegpn „übergesetzliches Recht“ und Völkerrecht. Damit trifft für die HVA exakt das zu, was auch für den Auslandsnachrichtendienst der BRD, den Bundesnachrichtendienst, galt und heute noch gilt. Der verstorbene Staatsminister Dr Stavenhagen, Geheimdienstkoordinator im Bundeskanzleramt, formulierte das so: „Zu wissen, was ein anderer Staat kann und macht oder machen will, ist das legitime Interesse eines auf seine Sicherheit und Erhaltung des Friedens bedachten Staates. Die Nachrichtendienste eines Staates sind Ausdruck seiner Souveränität.“ Auch daraus ergibt sich, daß die Strafverfolgung von Mitarbeitern der HVA wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit und Landesverrat gegen Recht und Gesetz verstößt, konkret, gegen das Grundgesetz und das Völkerrecht. Das gilt auch für unsere ehemaligen DDR-IM, für unsere Offiziere im besonderen Einsatz und hauptamtlichen IM. Auch die Bürgerinnen und Bürger der Alt-BRD, die uns unterstützten, sollten strafrechtlich verschont bzw amnestiert werden.

Eine Aufarbeitung der DDR-Spionage kann nur im Kontext des deutsch-deutschen und west-östlichen Spannungsfelds der über 40jährigen Systemkonfrontation erfolgen. Sie muß eingeordnet werden in das gesamtgesellschaftliche System der DDR, in das Beziehungsgeflecht Ost-Berlin-Moskau- Warschauer Vertrag. Und ohne uns geht das wohl auch nicht. Wir sind dazu bereit, aber nicht vor Gericht.

Wenn ich kurz auf Ziele und Aufgaben unseres Dienstes eingehe, sage ich auch mal, was man uns laufend unterstellt, wir aber eben nicht gemacht haben: Wir haben niemals die Aufgabe gestellt bekommen, die Bundesrepublik oder gar ganz Westeuropa zu destabilisieren und zu beseitigen. Weder die DDR-Parteiund Staatsführung noch Moskau und der Warschauer Vertrag strebten jemals die Eingemeindung der BRD an. Unsere Ziele waren die allseitige Stabilisierung der DDR und des gesamten sozialistischen

Machtbereichs.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal