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Ein Ungeheuer im Oslo-Fjord

Versenkter Nazi-Kreuzer „Blücher“ gefährdet die Umwelt

  • Lesedauer: 3 Min.

Von JANPOULSSON, Oslo

Seit 1940 ruht das „Ungeheuer vom Oslo-Fjord“ auf dem Meeresgrund. Es handelt sich um das Wrack des schweren Nazi-Kreuzers „Blücher“, das mit ca. 1 200 Tonnen Heizöl in den rostigen Tanks in 100 Meter Tiefe eine tickende Zeitzünderbombe darstellt. Nach Untersuchungen des norwegischen Umweltrates könnte es eine ökologische Katastrophe verursachen. Nun soll zumindest das öl abgepumpt werden.

Der 130 Kilometer lange Oslofjord, der an seinem Ende idyllisch mit der Hauptstadt verschmilzt und für Fische und Vögel, für Mensch und Tier eine nicht wegzudenkende Lebensgrundlage ist, muß geschützt werden, sagen die hiesigen Behörden. Die Umwelt-Bombe soll sobald wie möglich entschärft werden. Doch diese Sommerneuigkeit des Umweltrates hat nicht viel Aufsehen erregt. Zu oft hat man schon versprochen, das rostende stählerne Ungetüm unschädlich zu machen. In den 50er Jahren hatte ein biederer Disponent namens Einar Hövding

das Wrack erworben, um aus seinem wertvollen Schrott Geld zu machen. Doch dann sanken die Schrottpreise, und aus den Plänen Hövdings wurde nichts. Aber er ist immer noch Besitzer des Ungeheuers.

Die „Blücher“ war in der Nacht vom 8. zum 9 April 1940 im Zuge der faschistischen Operation „Weserübung“ zur Besetzung Norwegens und Dänemarks ohne Positionslichter, vollgepfercht mit Wehrmachtssoldaten und Kriegsgerät in den Oslo-Fjord eingelaufen. Der Kommandant der Festung Oscarsborg bei Dröbak - hier, 30 km südlich der Hauptstadt, ist der Fjord nur 275 m breit - eröffnete kurz entschlossen mit seinen völlig veralteten Batterien das Feuer auf die Okkupanten. Die 28-cm-Kanone „Moses“, im Jahre 1892 von Krupp an Norwegen geliefert, versetzte dem modernsten schweren Kreuzer Hitlerdeutschlands, selbst aus bestem Kruppstahl gebaut, einen Volltreffer.

Heute glucksen von Zeit zu Zeit schwarzölige Luftblasen an die Oberfläche, so als wollten sie Alarm schlagen. Noch ist es möglich, den gefährlichen Inhalt der rostenden Treibstofftanks abzupumpen.

Bereits 1990 hatte die norwegische Umweltbehörde einen Breitschaftsplan im Katastrophenfall ausgearbeitet. Damals schätzte Umweltminister

Thorbjörn Berntsen die Kosten der Ölabsaugaktion auf umgerechnet neun Millionen DM. 1991 versprach er, die „Blücher“ bis spätesten 1993 leerzupumpen. Aber auch da rührte sich nichts. Es hieß, es fehle an Fachleuten und entsprechendem Gerät.

Nun soll jedoch ernst gemacht werden. Zwar sind die Lenzkosten inzwischen auf 25 Millionen DM angewachsen, aber bei Leerläufen der Tanks würde der Umweltschaden finanziell etwa das Vierfache betragen. Schwierigkeiten bereitet der Umstand, daß einige der Heizöltanks sich ganz dicht an Munitionsbunkern befinden. Deshalb sollen 10 Prozent der Behälter nicht entleert werden. Der Hauptteil soll von unbemannten U-Booten aus angebohrt werden, damit durch das eine Meerwasser hineingedrückt und durch das andere das Heizöl gelenzt wird. Die Norweger indessen sind nach wie vor skeptisch, ob es dieses Mal gelingen wird, das Ungeheuer im Oslofjord unschädlich zu machen.

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