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Auch Thüringen will jetzt Flüchtlinge loswerden

Gotha: Wehrdienstverweigerer aus Ex-Jugoslawien in Abschiebehaft

  • Lesedauer: 2 Min.

Von HOLGER ELIAS, Erfurt

Wie in anderen Bundesländern sollen nun offenbar auch in Thüringen Flüchtlinge aus Ex-Jugoslawien in ihr Heimatland abgeschoben werden. Darunter sind junge Männer, die vor der Wehrpflicht geflohen sind. Nach Informationen des Komitees zur Unterstützung der Deserteure befinden sich seit mehreren Tagen drei Kosovo-Albaner in Abschiebehaft in Gotha. „Den Leuten drohen bei Rückkehr ein erneuter Fronteinsatz, hohe Gefängnisstrafen und womöglich die Todesstrafe“, sagte Maren Weißhuhn vom Komitee. Vom Thüringer Innenministerium waren bislang keine Angaben darüber zu erhalten, ob und wie viele Deserteure und Flüchtlinge aus Restjugoslawien sich im Lande in Abschiebehaft befinden. Dies werde zur Zeit noch geprüft, hieß es.

Selbst die Deutsche Botschaft in Belgrad hatte Gefah-

ren nicht leugnen können, denen die Flüchtlinge nach Rückkehr ausgesetzt sind. Zwar habe die Regierung in Rest-Jugoslawien formell die Todesstrafe abgeschafft, doch sei „es letztlich möglich, sie zu verhängen“. Die Regierung habe zudem bislang „keinerlei Garantien abgegeben, noch eine Amnestie erlassen“, erläuterte Komitee-Mitglied Dominik Linz gegenüber ND.

In einem Brief fordert das Komitee nun den thüringischen Innenminister Schuster (CDU) auf, sich gegen die Auslieferung der in Abschiebehaft befindlichen Männer einzusetzen und die sofortige Entlassung der drei Kosovo-Albaner auf der Justizvollzugsanstalt Gotha zu veranlassen. Die Abschiebepraxis stehe ohnehin im Gegensatz zu Entschließungen des Europäischen Parlaments und des Europarates, in denen die Mitgliedsstaaten aufgefordert werden, Abschiebungen zu stoppen und statt dessen Maß-

nahmen zum Empfang und zur Unterbringung von Deserteuren zu ergreifen, heißt es in dem Brief weiter.

In Thüringen haben sich nach Information des Unterstützerkomitees die Städte Erfurt, Weimar, Schmölln und Jena gegen ein Abschieben von Flüchtlingen ausgesprochen. In Erfurt und Jena haben die zuständigen Räte Beschlüsse gefaßt, wonach sie sich zur Aufnahme von Deserteuren bereiterklären.

Viele Thüringen beteiligten sich bisher an der europaweiten Unterschriftensammlung gegen eine Abschiebung von Kriegsdienstverweigerern, die am 9. November 1993 gestartet worden war. Bis 9. November diesen Jahres sollen eine Million Unterschriften zusammengebracht werden. Im Thüringen unterstützen beispielsweise der evangelische Bischof Hofmann, Erfurts Oberbürgermeister Rüge und Europaministerin Lieberknecht (beide CDU) die Aktion.

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