Seismometer für den Blick in die Sterne
Erstmals Oszillationen auf ferner Sonne registriert/Temperaturdifferenzen als Schlüssel
Das Innere der Sonne und anderer Sterne entzieht sich nicht nur der unmittelbaren Wahrnehmung, sondern bislang auch den Messungen der Astronomen. Nur die oberen Schichten der komprimierten, heißen Plasmabälle sind sichtbar Teilchen, die aus dem Zentrumsbereich nach oben dringen, benötigen mitunter Tausende von Jahren, um die Oberfläche zu erreichen. Das gilt wahrscheinlich auch für die Neutrinos. Dennoch gibt es Hoffnung, die Modelle vom Innenleben der Sterne überprüfen zu können. Die Methode lieferten jüngst Astronomen der Europäischen Südsternwarte ESO und der Aarhus Universität (Dänemark). Es
handelt sich um eine Art astronomisches Seismometer
Geologen wissen seit langem, daß man mit seismischen Wellen, wie sie bei Erdbeben entstehen, Einblicke in die innere Struktur unseres Planeten gewinnen kann.
Daß auch die Sonne vibriert, wurde bereits 1962 von Robert Leighton am Mount Wilson Observatorium des Californian Institut of Technology (CalTech) festgestellt. Die Sonnenbeben verrieten sich durch verschwindend geringe Frequenzveränderungen der Sonnenstrahlung, verursacht durch den Doppler-Effekt sich hebender und senkender Gebiete der Sonnenoberfläche. Ursache sind akustische
Schallwellen, die durch heiße aufsteigende Plasmablasen entstehen, vergleichbar dem Brodeln kochenden Wassers. Da die Schallgeschwindigkeit von der Dichte des Sonnenplasmas abhängt, kann man aus der Analyse der Schwingungen Angaben über das Innenleben der Sonne erhalten.
Prinzipiell trifft das auch auf andere Sterne zu, allerdings ist es bei den großen Entfernungen nahezu unmöglich, die Frequenzveränderungen von einigen Milliardstel Prozent nachzuweisen. 1982 glaubten die französischen Astronomen Eric Fossat und Gerard Grece vom Observatorium in Nizza bereits bei dem nur rund vier Lichtjahre entfernten Stern Al-
pha Centauri eine solche Oszillation entdeckt zu haben, doch zweifelten viele Kollegen an ihren Ergebnissen.
Mehr Erfolg scheint jetzt ein Team um Hans Kjeldsen und Tim Bedding gehabt zu haben. Sie konnten mit einem Teleskop auf der Insel La Palma sonnenähnliche Schwingungen bei dem hellen Stern Eta Bootis nachweisen. Die Forscher bedienten sich einer neuen Methode für den Nachweis der Sternbeben. Sie basiert auf der Tatsache, daß die Schallwellen den Stern geringfügig aufheizen. Die Differenzen betragen zwar nur 0,005 Grad, aber sie sind im Spektrum der Sterne eben noch meßbar.
UDO SETA
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