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Entwurf

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wird, vernichtet politische Kultur und verbreitet statt Kenntnis Vorurteile. Mit der These vom „Unrechtsstaat DDR“ wird versucht, die DDR und Hitlerdeutschland gleichzusetzen. Diese Gleichsetzung verzerrt und verfälscht die gesellschaftliche Realität der DDR ebenso, wie sie den Faschismus verharmlost. Indem die DDR pauschal als „Unrechtsstaat“ diffamiert und ihr damit die Legitimität entzogen und die BRD zugleich kritiklos als Rechtsstaat dargestellt wird, ist der Weg zu einer differenzierten und spezifischen Geschichtsbetrachtung beider deutscher Staaten als Teil deutscher Geschichte verbaut.

9. Veränderung beginnt mit Opposition. Ziele unserer Oppositionspolitik sind demokratische, soziale, ökologische und feministische Veränderungen. Auf dem Weg zu einer modernen linken Partei müssen wir uns über Defizite in Politik und Praxis verständigen und sie überwinden.

Wir gehen den Weg zu Reformalternativen aus der Opposition heraus. Opposition ist nicht Probelauf für die Regierung und nicht „Politik zweiter Wahl“ Als Opposition will die PDS gesellschaftliche Prozesse beeinflussen. Opposition beginnt mit alltäglichem Widerstand gegen Unterdrückung, Gleichgültigkeit und Resignation. Deshalb beschränkt sich in unserem Verständnis Opposition nicht auf die Rolle einer Minderheit im Parlament.

Durch die guten Wahlergebnisse ist die PDS mit über 6000 Parlamentarierinnen und Parlamentariern auf allen Ebenen tätig. Das ist ein großer Erfolg. Die weitere Öffnung der Partei gegenüber der Gesellschaft ist für den Weg der PDS sehr wichtig. In diesem Sinne waren die „Offenen Listen“ der PDS nicht nur für den direkten Wahlerfolg von Bedeutung, sie sind vielmehr auch ein Weg, um Parteiegoismus zu überwinden und sich stärker der Gesellschaft zuzuwenden.

Fraktionen und Vorstände müssen effektive Formen der politischen Kooperation und Kommunikation finden, die die parlamentarische und außerparlamentarische Handlungsfähigkeit verbessern. Die Partei soll von den demokratisch gewählten Vorständen, nicht durch die Fraktionen, geleitet werden.

? Auf kommunalpolitischer Ebene trägt die PDS eine vielfach anerkannte Entscheidungsverantwortung. Hier geht es darum, diese Kompetenz der PDS zu festigen und weiter auszubauen.

? In den ostdeutschen Landesparlamenten hat sich unser politisches Gewicht deutlich verstärkt. Aufgrund der Konstellationen in der Mehrzahl der Länder muß die PDS hier eine, in den politischen Aussagen klare, Oppositionsrolle einnehmen, die in der Öffentlichkeit durch Auseinandersetzung mit den regierenden Kräften nachvollziehbar ist. Gegenwärtig steht eine Regierungsbeteiligung auf Landesebene nicht zur Diskussion. Diskutieren müssen wir aber darüber, ob und unter welchen Voraus-

setzungen wir uns künftig an Landesregierungen beteiligen können. Politische Inhalte der PDS geben wir nicht auf.

? Auf Bundesebene konkurriert die PDS in der Opposition mit SPD und Bündnis 90/Die Grünen um eine entschiedene Alternative zur neokonservativen Regierungspolitik und für umfassende Veränderungen durch konsequente Reformen.

Opposition kann auch Tolerieren von Minderheitsregierungen bedeuten, wenn diese die neokonservative Regierungspolitik zugunsten der Möglichkeiten von Reformprojekten ablösen.

Die PDS steht vor folgenden Problemen:

? Die PDS ist nach Herkunft, Verankerung und Wählerschaft eine Partei der östlichen Bundesländer. Ohne im Osten an Einfluß zu verlieren, wollen wir im Westen Fuß fassen. Das ist eine Aufgabe der gesamten Partei. Sie verlangt Kompetenz für die Bundesrepublik als Ganzes und Sachkenntnis für die unterschiedlichen Bedingungen in Ost und West.

Im Westen verfügen wir über neue Chancen und stehen vor alten Problemen. Einerseits: Die PDS ist bekannter geworden. Menschen, die sich nicht mehr von SPD und Bündnis 90/Die Grünen vertreten sehen, interessieren sich für die PDS. Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter suchen nach einer Kraft, die ihre Forderungen aufgreift und ins Parlament bringt. Vor allem junge Menschen kommen zu unseren Veranstaltungen. Andererseits: Die PDS ist im Westen noch immer in einem zu engen politischen Spektrum verankert.

Sie hat wenig Mitglieder und kaum Strukturen. Sie steht noch zu wenig in außerparlamentarischen Bewegungen, es mangelt an kommunaler und landespolitischer Kompetenz. Das Bild der PDS im Westen unterscheidet sich in vielem vom Bild der gesamten Partei.

? Viele Jugendliche, insbesondere Schülerinnen und Schüler, Studentinnen und Studenten interessieren sich für die PDS und wählen sie. Jugendliche sind kaum bereit, sich in Parteien, auch nicht in der PDS, zu organisieren, und die PDS wiederum ist für sie zu wenig attraktiv Das wollen wir überwinden.

? Obwohl die PDS Profil als Vertreterin von Fraueninteressen erworben hat, ist sie noch weitgehend männerdominiert. Eine feministische Politik der PDS ist einerseits unzureichend ausgearbeitet, andererseits werden bisher erarbeitete Positionen in der Praxis nicht von einer breiten Mehrheit der PDS getragen. Praktische Politik, wie Gleichstellung erkämpft werden kann, muß in der PDS erlebbar werden. Der Anteil von Genossinnen, die sich um Mandate und Parteifunktionen bewerben, ist rückläufig. Die im Statut verankerte 50prozentige Mindestquotierung darf nicht ausgehebelt werden - vorgesehene Ausnahmeregelungen dürfen nicht zur Regel werden.

? Im Europawahlkampf und in außerparlamentarischen Bewegungen ist es uns gelungen, intensiver mit Ausländerinnen und Ausländern, die in der Bundesrepublik leben und arbeiten, zusammenzuarbeiten. Aus diesen Anfängen muß eine enge Zusammenarbeit werden.

? Die Qualifizierung von Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern, die politische Bildungsarbeit generell, muß qualitativ besser werden. Dafür brauchen wir ein intellektuelles Umfeld, Bildungseinrichtungen und Stiftungen. Die vielfältigen geistigen und kulturellen Fähigkeiten und Erfahrungen vieler Mitglieder werden in der PDS noch unzureichend zur Geltung gebracht. Ändern wir das - und die PDS wird attraktiver und lebendiger.

? Als internationalistische Partei ergreift die PDS Initiativen, um zu einer engeren Zusammenarbeit in dem breiten Spektrum linker Parteien, Organisationen und Bewegungen Europas beizutragen. Das wollen wir und das erwarten Partnerinnen und Partner von uns, auch wenn die PDS in dieser Legislaturperiode nicht im Europaparlament vertreten ist.

10. Die PDS ist eine sozialistische Partei. Sie steht im Parteienspektrum der Bun-

desrepublik Deutschland links von SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Die PDS strebt eine Gesellschaft an, in der demokratische, soziale und Freiheitsrechte garantiert sind. Deshalb stellt sie hohe Ansprüche an ihre eigene Demokratisierung.

Die PDS will sich nicht damit abfinden, daß weltweit große Teile der Menschen vom gesellschaftlichen Reichtum ausgeschlossen bleiben, sozial ausgrenzt und politisch diskriminiert werden. Sie hält an der Notwendigkeit fest, bereits heute die Dominanz kapitalistischer Verwertung zurückzudrängen und den gesellschaftlichen Reichtum gerechter zu verteilen. Deshalb muß auch in die Verfügungsrechte über Eigentum regulierend eingegriffen werden. Auch das unterscheidet die PDS von anderen Parteien.

Massenarbeitslosigkeit und Armut, Bedrohung der Umwelt, Verelendung in der „Dritten Welt“, Herrschaft des Patriarchats - das zusammengenommen ist die neue soziale Frage. Sie steht im Zentrum unserer Politik. Mit konkreten Reformalternativen wollen wir politikwirksam zu ihrer Lösung beitragen.

Die PDS weiß, daß sich ein gesellschaftlicher Umbruch schon jetzt auf eine Vielzahl übereinstimmender Vorschläge stützen kann. Deshalb ist sie bei aller Konkurrenz zu SPD und Bündnis 90/Die Grünen bereit, mit ihnen gemeinsam für Reformen und eine Ablösung von CDU/CSU und FDP aus der Regierungsverantwortung zu wirken.

Die PDS ist keine Weltanschauungs- oder Ideologiepartei. Sie vereint Menschen aus unterschiedlichen sozialen Gruppen und gesellschaftlichen Milieus, Menschen verschiedener linker Politikrichtungen und unterschiedlicher Weltanschauungen. Sie versteht sich nicht nur als Interessenvertreterin sozial Benachteiligter, sondern spricht all jene an, die sich mit den gegebenen sozial ungerechten, ökologisch zerstörerischen und patriarchalischen r .Verhältnis-, sen nicht abfinden wollen. Gemeinsam von der. Partei erarbeitete politische' Positionen und Forderungen und die sozialistische Vision sind dafür die Grundlage.

Die PDS ist eine pluralistische Partei. Der Pluralismus ist in Programm und Statut der PDS begründet. Dieser Pluralismus ist nicht beliebig. Bei Achtung von Minderheitenvoten geben demokratisch gefaßte Beschlüsse die politische Richtung der PDS an. Die Politik der PDS ist durch eine unumkehrbare Absage an alle autoritären, antiemanzipatorischen und antiliberalen Sozialismusvorstellungen sowie durch die Verbindung von Realpolitik und antikapitalistischer Gesellschaftskritik gekennzeichnet. Kulturlosigkeit, Dogmatismus und Sektierertum lehnt die PDS ab. Sie tritt für Transparenz in ihren Entscheidungsfindungen ein und gestaltet ihre Arbeit öffentlich.

Die Emanzipation der Gesellschaft kann nur durch die Erringung von Mehrheiten und nur auf der Grundlage von Demokratie und Humanität geschaffen werden. Einer Zertrümmerung gesellschaftlicher und parlamentarisch-demokratischer Institutionen stellt sich die PDS entgegen. Zu ihren Erfahrungen gehört es, daß Freiheit, Demokratie und politische Selbsttätigkeit die Menschen bereichern. Das, was die PDS für die Gesellschaft fordert, will sie in den eigenen Reihen einlösen.

Sozialismus bleibt für die PDS ein unverzichtbares Ziel eine Gesellschaft, in der die freie Entwicklung eines jeden zur Bedingung der freien Entwicklung aller geworden ist. Sozialismus ist für uns eine Bewegung gegen die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, gegen patriarchalische Unterdrückung, gegen die Ausplünderung der Natur, für die Bewahrung und Entwicklung menschlicher Kultur, für die Durchsetzung der Menschenrechte, für eine Gesellschaft, in der die Menschen ihre Angelegenheiten demokratisch und auf rationale Weise regeln. Sozialismus ist für uns ein Wertesystem, in dem Freiheit, Gleichheit und Solidarität, menschliche Emanzipation, soziale Gerechtigkeit, Erhalt der Natur und Frieden untrennbar verbunden sind.

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