Dieser Text ist Teil des nd-Archivs seit 1946.

Um die Inhalte, die in den Jahrgängen bis 2001 als gedrucktes Papier vorliegen, in eine digitalisierte Fassung zu übertragen, wurde eine automatische Text- und Layouterkennung eingesetzt. Je älter das Original, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der automatische Erkennvorgang bei einzelnen Wörtern oder Absätzen auf Probleme stößt.

Es kann also vereinzelt vorkommen, dass Texte fehlerhaft sind.

Im besetzten Kießlinghaus richtet man sich aufs Überwintern ein

In Frankfurt/Oder leben einige Jugendliche ihren Traum vom solidarischen Miteinander aus und beweisen: Es geht!

  • Lesedauer: 2 Min.

Der Ofen bullert vor sich hin. Auf dem Tisch stehen Kaffeetassen, Zigarettenrauch hängt in der Luft. Es wird vom vergangenen Sommer geschwärmt, die absolvierte Facharbeiterprüfung gefeiert. Dieser und jener kommt von der Arbeit. Ja, nach Hause. Die Bewohner des Frankfurter Kießlinghauses haben sich aufs Überwintern eingerichtet: Am 1. Mai besetzten sie nach wochenlangen Diskussionen das denkmalgeschützte, durch einen Brand schwer beschädigte Gebäude. Kultur und Wohnen wollten sie verbinden. Schon nach einer Woche machten sie beim Stadtjugendtag auf sich aufmerksam und bekamen vom heutigen Landtagsabgeordneten Christian Gehlsen (PDS) prompt eine Spende von 1000 Mark.

Prompt kam aber auch' der Rechtsanwalt der Bahn AG, die an einer baldigen Räumung ihres Eigentums interessiert war Der beginnende Wahlkampf half den Hausbesetzern. Politiker verschiedener Parteien gaben sich die Klinke in die Hand, plädierten für Duldung. So fließen bis heute Strom und Wasser Ein Teil der Provinzprominenz kam nur, um die

eigenen Sprößlinge zu besuchen.

Einmal gab es eine Polizeirazzia im Morgengrauen, häufiger saßen „die Kießlings“ mit ihren Revierpolizisten beim Kaffee. Als es der benachbarten Klinik zu laut auf dem Hof wurde, einigte man sich in persönlichen Gesprächen. Für die Kiezkinder und Bewohner wurde ein dreitägiges Straßenfest mit Konzerten, Gesprächsrunden, Hüpfburg veranstaltet. Die Volxküche beköstigte rund 30 Leute am Tag. „Das war bei Preisen von 50 Pfennig bis zwei Mark manchmal ein Zuschußgeschäft.“

- Anzeige -

Wir sind käuflich.

Aber nur für unsere Leser*innen. Damit nd.bleibt.

Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen aufgreifen
→ marginalisierten Stimmen Raum geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten voranbringen

Werden Sie Teil unserer solidarischen Finanzierung und helfen Sie mit, unabhängigen Journalismus möglich zu machen.