Dieser Text ist Teil des nd-Archivs seit 1946.

Um die Inhalte, die in den Jahrgängen bis 2001 als gedrucktes Papier vorliegen, in eine digitalisierte Fassung zu übertragen, wurde eine automatische Text- und Layouterkennung eingesetzt. Je älter das Original, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der automatische Erkennvorgang bei einzelnen Wörtern oder Absätzen auf Probleme stößt.

Es kann also vereinzelt vorkommen, dass Texte fehlerhaft sind.

Harte Gangart an der Hotel-Streikfront

Betriebsrat: Streikposten vor Kempinski als „Kommunistenschweine“ beschimpft

  • Lesedauer: 3 Min.

Streikbrecher und Streikposten vor dem Bristol-Hotel Kempinski

ND-Foto: Burkhard Lange

„Für guten Service muß man auch gut bezahlt werden“ -Olaf Schulz, Betriebsratsvorsitzender des Berliner Bristol-Hotels Kempinski am Kudamm, erklärt es den wartenden Journalisten und interessierten Hotelgästen immer wieder Er und seine Kollegen stehen seit zwei Tagen vor dem Haupteingang der Nobelabsteige und machen auf ihre Forderungen aufmerksam.

Mit Bruttogehältern von 1970 bis 2545 DM müssen sich die Zimmerfrauen, Köche oder Serviererinnen des Fünf-Sterne-Hotels im Monat begnügen. Zu wenig, meint die Gewerkschaft Nahrung, Genußmittel, Gaststätten (NGG) und fordert deshalb Lohnerhöhungen zwischen 6,5 und 8,7 Prozent.

Ein Arbeitgeberangebot, das Lohnerhöhungen von 2,5 Prozent bei gleichzeitigen Einsparungen im Manteltarif vorsieht, wird von der Gewerkschaft abgelehnt. Eine „Mogelpackung, die auf eine Nullrunde hinausläuft“, nannte der Berliner Geschäftsführer der NGG, Detlef Kirsch, das Angebot der Berliner Hotel- und Gaststätteninnung gestern gegenüber dem ND.

Mit dem unbefristeten Streik im Hotel Kempinski sowie weiteren Warnstreiks der Beschäftigten der Hotels Alsterhof und Esplanade setzte die Gewerkschaft am Donnerstag ihre Protestaktionen fort. Mehr als 70 Prozent der 335 Beschäftigten des Betriebes befinden sich mittlerweile im Ausstand. Angestellte aus anderen Kempinski-Hotels füllen nach den Worten der NGG nur notdürftig die durch den Ausstand entstandene Lücke. Gäste sollen sich bereits be-

schwert haben, daß ganze Dienste nicht oder nur ungenügend erfüllt werden.

Das Klima zwischen den Streikenden und der Geschäftsleitung des Hotels hat sich am Donnerstag spürbar verschlechtert. Mit „ihr Kommunistenschweine“ sollen Streikbrecher Streikposten beschimpft haben, sagte Olaf Schulz. Die Chefetage d,es Kempinskis habe deni gesamten Betriebsrat mittlerweile Hausverbot erteilt. Einem freigestellten Mitglied des Betriebsrates sei sogar die Kündigung angedroht worden.

Dem widersprach auf Nachfrage allerdings der Direktor

des Kempinski, Rene Baiin. Repressalien gegen Streikende oder Betriebsratsmitglieder gebe es in seinem Hause nicht. Auch den Vorwurf, die Hotelleitung setze Angestellte anderer Kempinski-Niederlassungen aus Hamburg, München und Frankfurt/Main als Streikbrecher ein, wies der Hoteldirektor zurück.

Leitende Angestellte des „Vier Jahreszeiten“ aus München hätten sich sogar freiwillig bereit erklärt, ihren früheren Chef in Berlin zu unterstützen. Keiner der in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag nach Berlin geholten

Angestellten sei dazu gezwungen worden.

Der Landesbezirksvorsitzende der NGG, Edmund Mayer, bezeichnete dagegen das Vorgehen der Kempinski-Geschäftsleitung als gesetzeswidrig. Es verstoße eindeutig gegen das Arbeitsüberlassungsgesetz. Mit einer Klage auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung bei den Arbeitsgerichten in Hamburg und Frankfurt versucht die Gewerkschaft, dem Einsatz von Streikbrechern einen Riegel vorzuschieben. Für heute unddie kommenden Tagen hat die NGG weitere Aktionen angekündigt.

JÜRGEN AMENDT

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal