Schönebeck: Aufträge, aber keine Zukunft?
Motoren GmbH in Gesamtvollstreckung
Berlin (ddpADN). Rund 450 000 Dieselmotoren aus Schönebeck in Sachsen-Anhalt gingen in alle Welt. Sie haben sich in Agrar- und Baumaschinen oder als Schiffsantrieb bewährt. Ein neuartiger Vielstoffmotor erzielte erste Achtungserfolge. Doch der Antrieb der DMS Dieselmotoren- und Gerätebau GmbH läuft schon seit Monaten nicht mehr rund.
Im Februar wurde letztmalig Lohn gezahlt - für Dezember 1994. Der im März gestartete Versuch, mit einem außergerichtlichen Vergleich die DMS wieder auf Touren zu bringen, schlug kurz vor Ostern fehl. Für die noch 380 Beschäftigten keine frohe Botschaft. Geschäftsführer Jürgen Burggraf, der die DMS Anfang 1993 durch ein Management-Buy-Out von der Treuhand übernommen hatte, stellte am 10. April beim Magdeburger Amtsgericht Antrag auf Gesamtvollstreckung. Der DMS-Jahresumsatz lag bei knapp 30 Millionen Mark.
Über die Auftragslage sagen die Liquiditätsprobleme indes wenig. Derzeit sind Aufträge von sieben Millionen Mark abzuarbeiten. Für elf Millionen Mark liegen weitere Bestellungen vor, bei denen aber noch Finanzierungsdetails zu klären sind. Aus Kundengesprächen resultieren mögliche Aufträge für rund 20 Millionen Mark. Das Ersatzteilgeschäft ist eine ständige Größe. Hinzu kommt die Lizenzfertigung von Dieselmotoren für Baumaschinen der Hanomag AG.
Daher will Burggraf an ein endgültiges Aus für die DMS nicht glauben. Die Zahl der Mitarbeiter habe er 1994 zunächst in Hoffnung auf weitere Aufträge und anstehende Zah-
lungen aus dem Ostgeschäft bewußt hoch gehalten. Als sich die Erwartungen nicht erfüllten, habe er im vergangenen September erstmals Personal abgebaut und im Oktober der Treuhand ein überarbeitetes Konzept eingereicht. Es soll eine Neustrukturierung erfolgen, die sich auf Kernbereiche konzentriert. Die Mitarbeiterzahl dürfte auf unter 200 sinken. Diesem Personalabbau verweigerte der Betriebsrat bislang seine Zustimmung.
Die Landesregierung von Sachsen-Anhalt hat die Bereitschaft zu Bürgschaften signalisiert, wenn alle anderen Beteiligten mitziehen. Der Kreditgeber Deutsche Bank hielt bis zur Anmeldung der Gesamtvollstreckung zur Stange. Bleibt noch die Treuhand-Nachfolgerin BVS, die sich laut Burggraf zu dem seit Herbst vorliegenden Konzept noch nicht konkret äußerte, aber auf ihre Geldforderungen nicht verzichten wollte. Der DMS-Chef bedauert, daß die früheren Ansprechpartner in der Treuhand heute nicht mehr da sind und Gesprächsrunden unter Beteiligung der BVS noch nicht stattfanden.
BVS-Sprecherin Marlene Schwarz deutete auf Anfrage an, daß noch Verhandlungsspielräume existieren, knüpfte das jedoch an Bedingungen. Ein „tragfähiges Unternehmenskonzept“ müsse her, die Landesregierung müsse eine neue Bürgschaft gewähren, die Deutsche Bank ihr Eigenobligo aufstocken, ein Vergleich mit den Lieferanten abgeschlossen und zusätzlich ein kaufmännischer Geschäftsführer bestellt werden. Burggraf sieht die BVS-Forderungen als „erfüllbar“ an.
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