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Radio Mephisto auf Sendung

In Leipzig lernen Studierende jetzt praktisch Journalismus

  • Lesedauer: 3 Min.

Volksfeststimmung herrschte auf dem Campus der Leipziger Uni, als dort vor einer Woche „Radio Mephisto“ als erstes bundesdeutsches Hochschulradio über UKW auf Sendung gehen konnte. Zum Auftakt gab es Freibier, Bratwurst und über riesige Lautsprecherboxen das erste Programm: lokale und regionale Nachrichten und Beiträge, Kommentare, Interviews und Musik. Chansons, Jazz, Folk Rock - alles jenseits der Hitparaden.

Vier Stunden ist „Mephisto“ nun jeden Tag in und um Leip-

zig zu hören: Von zehn bis zwölf und von 18 bis 20 Uhr Zielgruppe sind die Leute zwischen 18 und 45 Jahren, der Wortanteil soll, vergleichsweise hoch, bei 40 Prozent liegen und anspruchsvoll gefüllt werden, Werbung gibt es nicht. „Wir wollen ein Radio für die kulturell und politisch interessierten Leipziger machen“, erklärt Rüdiger Steinmetz.

Er ist Professor am Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Leipziger Uni und gemeinsam mit zwei anderen Wissenschaftlern einer der drei Chefredakteure. In den sieben Ressorts arbeiten ausschließlich Studierende. Sie sollen nach dem Vorbild amerikanischer Uni-Radios ihr journalistisches Handwerk unter Praxis-Bedingungen erlernen können. Rundfunkerfahrung haben bisher nur wenige von ihnen. Das ist dem Programm anzuhören, aber Sachkenntnis und Geschicklichkeit kommen, hoffen die „Mephisto“-Macher, mit der Zeit.

Das Uni-Radio-Projekt war seit 1992 in Vorbereitung, die Uni in dieser Zeit an den „Tagen der Offenen Tür“ Ort eher peinlicher Probesendungen. Danach erarbeitete eine Arbeitsgruppe aus Studierenden und Dozenten ein Konzept und bewarb sich bei der Sächsischen Landesanstalt für Privaten Rundfunk und Neue Medien (SLM) um eine UKW-Frequenz. Im November 1994 gab die SLM ihr O.K. Bis zu sechs

Stunden täglich darf sich „Mephisto“ in den privaten Nachrichtensender „RadioRopa info“ einblenden.

Für knapp 200 000 Mark wurden im Seminargebäude Studios und Arbeitsräume eingerichtet. Mit digitalen Schnittplätzen, Satelliten-Anschluß an die Nachrichtenagentur, Musikverwaltung auf dem Computer. Das Geld kam von Uni und Landesmedienanstalt.

Andere Hochschulen schauen mit Neid nach Leipzig. Eine so praxisnahe Journalistik-Ausbildung neben den. üblichen Seminaren und Vorlesungen kann sonst niemand bieten.Die Freie Universität Berlin, die ein ähnliches Projekt plant und gern als erstes seiner Art anpreist, haben die Sachsen damit abgehängt. Kein Wunder, daß am Tag des Sendestarts Euphorie aufkam. Aber ob die Stimmung lange hält, darf bezweifelt werden. Die Mitarbeit ist ausschließlich ehrenamtlich, schwierig könnte es werden, wenn Ferien sind oder ein Jahrgang die Uni verläßt. Die besten Leute brauchen bestimmt nicht lange auf lukrative Angebote von professionellen Radios zu warten.

Doch daran denkt im Moment noch niemand. Erstmal soll das Programm besser sein, als das, was die anderen Leipziger Sender bieten. Und wenn es richtig gut läuft, will „Mephisto“ irgendwann die sechs Stunden pro Tag ausnutzen.

TORALFSTAUD

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