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  • Kultur
  • »A report for an academy“ von Franz Kafka bei den Freunden der Italienischen Oper

Ein Fremder, fremdartig und unzugänglich

  • Lesedauer: 8 Min.

Mathis Schrader

Foto: Veranstalter

Eine drittklassige Varietecharge ist er, eine seichte Existenz, die mit Ach und Krach einen Platz in dieser Welt erobert hat. Schmierige Hotels sind seine Privatsphäre, der Alkohol ist sein bester Freund. Die Anerkennung, die ihm zuteil wird, absolviert sich im Handschlag, dieser gleichermaßen Offenheit und Distanz gewährenden Menschengeste - und in gelegentlichen Einladungen. Einladungen von wissenschaftlichen Akademien, die nur allzu gerne hinter das Geheimnis kommen möchten, das der Affe Rotpeter in die Menschenwelt gebracht hat, indem er durch einen einmaligen und nicht umkehrbaren Vorgang zum Menschen mutierte.

Der Affe von Mathis Schrader, der zur Zeit mit dem honorigen Text des Prager Melancholikers Franz Kafka bei den Freunden der Italienischen Oper gastiert, zeigt uns ein Wesen, das durch die Einladung, über sich zu berichten, gänzlich überfordert wird. Überforderung des „Berichts für eine Akademie“ liegt dabei nicht etwa in der dem Affen womöglich fehlenden Sprache begründet - da ist Kafkas einmaliges Stilgefühl schon vor -, sondern in dem Fehlen jeder Großartigkeit, die der Mensen vermuten mag, wenn er von seinem Leben, seinen Lebensmöglichkeiten sprechen und träumen läßt.

Der zum Menschen übergewechselte Affe dagegen träumt lediglich alp, und Mathis Schrader läßt uns diesem traumatischen Zustand immer wieder eindringlich teilhaben. Er verzichtet auf äffische Sprünge, steigert sie immer wieder in traumatisch anmutende Bewegungsfolgen und läßt seinen Affen die gefängnisähnliche Enge des menschlichen Daseins körperlich auf der winzigen Bühne ausagieren. Er führt uns die Qual eines kreatürlichen, von der Natur einst in die Freiheit des Unbewußten gegebenen Wesens vor - das vom Menschen-, das die Menschwerdung lediglich als Trick benutzt, um zu existieren, ohne die vorgesehenen Gitterstäbe ertragen zu müssen.

Gleichwohl bleibt es ein Gefängnis: Das Menschenleben, dies zwischen Sehnsüchten und mediokren Anerkennungen changierende Etwas, kann der großen Freiheit einstigen Affentums nicht und nie das Wasser reichen. Es bleibt billiger Ersatz, ein Ausweg in den schmierigen Hinterzimmern scheinheiliger Künstlichkeit, ein Ausweg des Bewußtseinsbetruges, eine Droge. Nicht von ungefähr, so erzählt uns der Affe im Laufe seines Berichts, war es der Alkohol, der ihm die Menschenwelt eröffnete, indem er zunächst mehr schlecht als recht, vor versammelter Gemeinde eine Schnapsflasche in sich ergoß, sie zwar zunächst mit tierischem Instinkt wieder von sich warf, dann aber - einmal als Ausweg erkannt - nicht nur zur Präsentation menschlicher Fähigkeiten, sondern zur eigenen Existenzgrundlage werden ließ.

Mathis Schraders Affe, der auf jede äffische Kostümierung verzichtet, statt dessen in dem ekligen knallfarbigen Dreß eines Varietekünstlers daherkommt, ist eine durch und durch künstliche Gestalt. Doch ist es nicht die Künstlichkeit einer Hirngeburt, die uns hier vorgestellt wird, sondern die Abgeschmacktheit des ganz alltäglichen Menschenlebens, die Lebenslüge schlechthin. Das Resultat ist bitter und nimmt die Träume von der heh-

ren Existenz. Mathis Schrader läßt nichts aus, uns diese abgestandene Jämmerlichkeit spüren zu lassen. Selbst die Requisiten, die er benutzt, entstammen einer überholten Zeit, und obwohl er uns beständig fixiert, bleibt er uns fremd. Ein Fremder, fremdartig und unzugänglich.

Der Gewohnheit der Italienischen Freunde gemäß, spricht Schrader auf englisch - in einer eigenen Übersetzung, schnodderig, ohne Anspruch als „native Speaker“ aufzutreten, und gerade deswegen umso wirkungsvoller in der fremdelnden Kafka-Welt beheimatet. Nicht nur, wer den Text, der uns allerorten im Theater geboten wird, gut kennt, hat hier Gelegenheit, diese Fremdheit zu ergründen und einem Konzept des „way-out“ zu folgen, das nie und nimmer Freedom zu werden verspricht. Ein kurzer Abend, der zweifellos Gewicht hat und philosophisch und künstlerisch in die Vollen greift. Peter Kloppenburg

Do, Sa, Mi: „Teutanic“ (21 Uhr) Sa: Kartoon hat Gäste (21 Uhr) So, Di: „Gibt es ein Leben vor dem Tod?“ (21 Uhr) Mehrinahof-Theater. Gneisenaustr.

?2 a, Kreuzberg,Tel. 69150 99: -??“?? Do-So, MI: Zwei Drittel: „Grundlos glücklich“ (20.30 Uhr) Ratz-Fatz , Schnellerstr. 97, Treptow:

Di: 2. Gymnasium Ellernweg: „ZK zeitweise komisch“ (19 Uhr)

Satiretheater „Kneifzange“ . Friedrichstr. 95, Mitte, Tel. 209 622 36: Do-Sa, Mo/Di: „Mensch! Deutschland“ (20 Uhr) Mi: „Der nackte Wahlsinn“ (20 Uhr) Scheinbar . Monumentenstr. 9, Schöneberg, Tel. 784 55 39: Do-So: Karl-Heinz Helmschrot: „Vom Ententrainer zum Entertainer“ (21 Uhr)

Do, Sa/So, Mi: Nacht-Revue: „Paradiso“ (22.30, Sa auch 19, So 20 Uhr) Garn-Theater . Katzbachstr. 19, Kreuzberg, Tel. 786 43 46: Sa: „Ein Bericht für eine Akademie“ von Kafka (22 Uhr) Mo-Mi: „Das Tier voller Haare zwischen den Beinen“ (20.30 Uhr) Hackesches-Hof-Theater. Rosen-

thaler Str. 40/41, Mitte: Do-sa, Mi: „Spiel von der Schöpfung“ (21 Uhr)

Di: „Köterdämmerung“ (21 Uhr) Hans-Otto-Theater im Theaterhaus Am Alten Markt, Potsdam, Tel. 28 00 693:

Sa: „Der Biberpelz“ (19.30 Uhr) So: „Der Diener zweier Herren“ (16 Uhr)

Studiobühne, Heinrich-Mann-Allee 103:

Sa/So: Premiere Jugendclub HOP „Unterm Eis“ (19 Uhr) Di: „Klassenfeind“ (11 Uhr) Hebbel-Theater . Stresemannstr. 29, Kreuzberg, Tel. 251 27 73: Do-So: Companyia de Dansa Gelabert Azzopardi, Barcelona: „Muriel's Variation“/ Armand Dust“ (20 Uhr) Mi: Trisha Brown Company, New York: „If you couldn't see me'7 „M.O.“ (20 Uhr)

Juqendbühne Stückwerk , Rungestr. 20, Mitte, Tel. 279 41 68: Sa: „Die Liebenden in der Untergrundbahn“ von Jean de Tardieu (20 Uhr)

Komische Oper . Behrenstr. 55-57, Mitte, Tel. 220 27 61: Do: „Requiem!!“ (20 Uhr) Fr:„Giustino“(19Uhr) Sa, Mi: Premiere: „Werther von Jules Massenet (19 Uhr) So/Mo: „Carmen“ (So 19, Mo 19.30 Uhr)

DI: „Schwanensee“ (19 Uhr) Komödie , Ku'damm 206, Tel. 881 98 45:

Do-Mi: „Wochenend-Komödie“ (20, So 18 Uhr) Kulturfabrik Lehrter Straße. Lehrter

Str. 35, Moabit: Do-So: Uraufführung: „Leichenschmaus“ von Anne Hebeler (20.30 Uhr)

Maxim Gorkl Theater . Am Festungsgraben, Mitte, Tel. 202 211 15: Do: Zum letzten Mal: ,Aus einem anderen Leben. Eine Ermittlung“ (19.30

Stachelschweine . Europa-Center, Schöneberg, Tel. 261 47 95: Do-Sa, Di/Mi: „Seid umschlungen Milliarden“ (19.30, Sa 18+21.15 Uhr) Theater im Parkhaus. Puschkinallee

5, Tel. 27 27 952:

MI: „Dr. Seltsams Nachtklinik“ (21

Uhr)

Theater Im Schmalen Handtuch ,

Frankfurter Allee 91, Tel. 588 46 59: Fr/Sa: Peter Hiller & Frank Schieinstein: „The best of...“ (21 Uhr)

U.F.A.-Fabrik . Viktoriastr. 13, Tempelhof, Tel. 752 80 85: Do-So, Mi: „acapickels“ - a-capella-Kabarett (21 Uhr)

Wühlmäuse . Nürnberger Str. 33,

Wilmersdorf, Tel. 213 70 47-

Do-So, Di/Mi: Hans Werner Olm:

„Schön, reich & sexy“ (20.30, Sa 19

Uhr)

Sa: Martin Buchholz: „Nie wieder

Kassandra“ (22.15 Uhr)

Uhr)

Fr, So: „Eines langen Tages Reise

in die Nacht“ (19.30 Uhr)

Sa: „Wer hat Angst vor Virginia

Woolf?“ (19.30 Uhr)

Mo: „Ghetto“ (19.30 Uhr)

Di: „Fegefeuer in Ingolstadt“ (19.30

Uhr)

Mi: „Iwan Wassiliewitsch“ (19.30 Uhr)

Studiobuhne:

Do: „Wie ein Theaterstück entsteht“ (20 Uhr)

Fr: „Der Freischütz“ (20 Uhr) Sa: „Mutter, der Mann mit dem Koks ist da“ (20 Uhr)

So: „Johan vom Po entdeckt Amerika“ (20 Uhr) Mi: „Bartsch, Kindermörder (20 Uhr) Mlrakulum . Brunnenstr. 35, Wedding, Tel. 281 05 40: Fr: „Zauberhaft!“ (20.30 Uhr) Sa: „Blaubarts letzte Rache“ (20.30 Uhr)

Neuköllner Oper . Karl-Marx-Str. 131-133, Neukölln, Tel. 688 907-77' Do-Sa: „Kätz“' (20 Uhr) Podewll . Klosterstr. 68-70, Mitte, Tel: 2403-0:

Charlottenburg, Tel. 881 16 99: Fr-So: „Die Losen“ (20.30 Uhr) Schaubühne am Lehniner Platz.

Ku'damm 153, Tel. 89 00 23: Do, Mi: „Orestes“ (19.30 Uhr) Sa/So, DI: „Hedda Gabler (19.30 Uhr)

Schoko-Laden . Ackerstr. 169, Mitte, Tel. 526 54 80: Sa, DI: Premiere bat-Studiotheater: „Männersache“ von Kroetz (20.30 Uhr)

Staatsoper . Unter den Linden 7, Mitte, Tel. 204 43 15:

Do, So: „Aida“ (Do 19, So 18.30 Uhr) Fr: „Tiefland“ (19.30 Uhr) Sa, Di: „Salome“ (Sa 20, Di 19.30 Uhr)

Stükke , Hasenheide 54, Kreuzberg, Tel. 692 32 39: Fr-Di: Brüssel Projekt: „Das kleine Nichts“ von Matthias Wittekindt (20.30 Uhr)

Tacheles , Oranienburger Str. 52,

Mitte, Tel. 282 61 85:

Do-So: „Solo Duo“ (20.30 Uhr)

Theater am Halleschen Ufe r. Nr.

32, Kreuzberg, Tel. 251 09 41: Fr/Sa: Shobana Jeyasingh Dance Company, London: „Making of Maps7 „Raid“ (21 Uhr)

Theater am Kurfürstendamm.

Ku'damm 206, Tel. 882 37 89: Do-Di: „Piaf“ (20, So 18 Uhr) TheaterDachboden , Elsa-Brändström-Str. 36, Pankow: Do: Verlängerung Liz-Theater: „Leb wohl, Judas...“ (20 Uhr) Theater „Fürst Oblomov“ . Neue Promenade 6, Mitte, Tel. 282 72 34: Fr/Sa: „Oblomov“ (20 Uhr) Mi: Premiere: „Kids & Sex & Drug'n Roll“ von Frank Goyke (18 Uhr) Theater Im Palais . Am Festungsgraben, Mitte, Tel. 20 10 693: Do/Fr: „Der Insulaner verliert die Ruhe nicht“ (20 Uhr) Sa: „Geliebter Lügner (20 Uhr) So: „Die schlesische Nachtigall“ (20 Uhr)

Mo: „Jakob der Lügner (20 Uhr) Di: „Die leere Staatskarosse“ (20 Uhr)

Mi: „Shirley Valentine“ (20 Uhr) Theater im Parkhaus. Puschkinallee

5, Tel. 27 27 952: Sa: Werkschau (18 Uhr) Theater Unterm Dach . Dimitroffstr. 101, Prenzlauer Berg, Tel. 421 22 61: Fr-So: example dept.. „Hegels verpatzte Ferien“ (20 Uhr)

Theater Zum Westlichen Stadthirschen . Kreuzbergstr. 37/ 38, Kreuzberg, Tel. 785 70 33: Do-So: „La Primavera“ - Theater-Musik-Performance (21 Uhr)

tlk - Theater Im Kino . Proskauer

Str. 19, Friedrichshain, Tel. 589 80

13:

Do: „Antigone“ (19.30 Uhr)

Fr/Sa: Premiere tik-Jugendstudio:

,,wir.ALLEIN“(18Uhr)

Tränenpalast. U-/S-Bahnhof Fried-

richstraße:

Do-Mi: „Chris Lynam & The Popcorn

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