Dieser Text ist Teil des nd-Archivs seit 1946.

Um die Inhalte, die in den Jahrgängen bis 2001 als gedrucktes Papier vorliegen, in eine digitalisierte Fassung zu übertragen, wurde eine automatische Text- und Layouterkennung eingesetzt. Je älter das Original, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der automatische Erkennvorgang bei einzelnen Wörtern oder Absätzen auf Probleme stößt.

Es kann also vereinzelt vorkommen, dass Texte fehlerhaft sind.

Teddy im Rettungswagen

  • MARTINUS MENNE
  • Lesedauer: 3 Min.

Ingrid Wetter aus Handorf bei Münster inmitten ihrer Plüschhelfer

Foto: Martinus Menne

nennt ein Beispiel aus der Praxis: „Ich kam zu einem Einsatz, bei dem ein Mädchen mit einem Erstickungsanfall in den Armen seiner Mutter lag. Auch durch gutes Zureden wurde es nicht ruhiger, erst als ich ihr einen Bären gab, löste sich die

Verkrampfung, und das Kind konnte behandelt werden.“

Wilfried Antons, Brandamtmann bei der Berufsfeuerwehr in Köln, begrüßt den Einsatz der Bären in Notarzt- und Rettungswagen ebenfalls: „Der Rettungsdienst wird in der

Rheinmetropole rund zehn mal täglich zu einem verletzten oder erkrankten Kind gerufen. Doch Notarztwagen, ausgerüstet mit viel Technik, beunruhigen die meisten Opfer Wenn zusätzlich keine vertraute Bezugsperson in der Nähe ist, ge-

raten Kinder leicht in Panik. Seit Einführung der Teddys konnten wir eine deutlich bessere Versorgung von Kindern in Notfallsituationen beobachten.“

Zunächst müssen aber auch die Erwachsenen erst einmal den ungewohnten Umgang mit dem Kameraden aus Plüsch lernen. „In gezielten Schulungen erfahren die Rettungsassistenten als erste Kontaktpersonen mit den Opfern, aufweiche Weise und mit welchen Worten der Teddy überreicht werden kann.“ Nach Schätzungen von Wilfried Antons wurden dem Amt für Feuerschutz, Rettungsdienst und Bevölkerungsschutz der Berufsfeuerwehr Köln bisher rund 800 Bären für den Einsatz zur Verfügung gestellt.

Dennoch herrscht nicht überall eitel Freude über die Aktion. Vereinzelt wird auch Kritik von Ärzten und Psychologen laut. Etwa, daß der Teddy in Not geratene Kinder immer wieder an das schreckliche Ereignis erinnert oder daß es in erster Linie Sache der Mütter sei, Kinder in Streßsituationen zu trösten, von hygienischen Bedenken einmal ganz abgesehen. Brandamtmann Antons aus Köln: „Die Kinder verbinden den Bären eher mit der einsetzenden Hilfe. Im Zusammenhang mit dem Teddy machen die notleidenden Kinder positive Erfahrungen wie Schmerzlinderung, Fürsorge, Hilfe und Beruhigung.“

Die Kritik an den flauschigen Helfern mag der Erzie-

hungswissenschaftler Professor Peter Heitkämper von der Universität Münster und Mitglied im Verein „Teddys für Kinder in der Not“ ebenfalls nicht teilen. Nach seiner Ansicht sprechen mehrere wissenschaftliche Überlegungen dafür, Kindern in Not mit psychischen Blockaden Teddys zu geben: „Der Mensch ist immer im Dialog, nach innen mit sich selber, nach außen mit anderen. Kinder in Not haben durch den Teddy einen Ansprechpartner, sie können so aus ihrer Blockade herausgehen und den Teddy als Gegenüber nehmen. Schon der Säugling baut eine sogenannte Objekt-Beziehung zur Mutter auf. Der Ted-'dy kann ein solches Ersatz-Objekt sein, wenn Kinder in der Not auf frühe Kindheitsstufen zurückgehen.“

Mittlerweile haben nicht nur Mannschaften von Rettungsfahrzeugen die hilfreichen Tiere für sich entdeckt. Auch Polizei, Frauenhäuser, Kinderheime und andere soziale Einrichtungen erwärmen sich in Nordrhein-Westfalen immer mehr für diese Idee.

Doch das Interesse der Spender läßt nach dem ersten Rummel um die Plüschtiere deutlich nach: „Zu Beginn der Aktion wurden wir von der Spendenbereitschaft überhäuft. Jetzt müssen wir immer wieder an die Öffentlichkeit gehen, um auf den ständigen Bedarf der Feuerwehr an Bären aufmerksam zu machen“, stellt der Kölner Brandamtmann Wilfried Antons fest.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal