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Der nationale Umweltplan Eritreas ist ein Novumfiir Afrika

Nur noch ein Prozent der Landesfläche sind mit Wald bedeckt / Fachtagung mit Experten aus Asmara in Berlin

  • Lesedauer: 3 Min.

Von GIDEON ZORYIKU

Die Regierung Eritreas hat - ehe sie überhaupt einen Wirtschaftsplan ausarbeitete - einen umfassenden nationalen Umweltplan vorgelegt, der den ökologischen Niedergang des Landes umkehren soll. Daß man in Eritrea dem Umweltschutz hohe Priorität beimißt, hat einen besonderen Grund: Nach dem 30jährigen Befreiungskrieg befindet sich die Umwelt des Landes in einem höchst desolaten Zustand.

Noch vor 100 Jahren waren 30 Prozent der Gesamtfläche Eritreas mit Wald bedeckt, heute sind es nicht einmal ein Prozent. Mit der Zerstörung des Waldes hatten unter anderem italienische Siedler begonnen, die zum Beginn des Jahrhunderts 300 000 Hektar Wald in landwirtschaftliche Nutzfläche umwandelten. Weitere Ursachen sind Kahlfraß durch Viehherden, hoher Feuerholzverbrauch sowie die Verwendung von Baumstämmen für die Errichtung von Schützengräben während des Krieges.

Der fast ausschließlich von einheimischen Fachkräften erarbeitete Umweltplan - so informierte dieser Tage der stellvertretende eritreische Landwirtschaftsminister Mebrahtu

Iyassu auf einer Fachtagung in Berlin - sieht den Schutz der knappen Ressourcen und die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung vor Er enthält außerdem Richtlinien für ökologische Verträglichkeit künftiger Projekte. Dabei soll es darum gehen, neue wirtschaftliche Existenzgrundlagen für die örtliche Bevölkerung zu schaffen und die bereits bestehenden zu verbessern.

Die eritreischen Behörden haben inzwischen verschiedene Maßnahmen zum Bodenund Wasserschutz in die Wege eingeleitet, darunter eine aufwendige Wiederaufforstung. Dabei wurden ungefähr 40 Millionen Bäume gepflanzt. Allerdings hatte nur etwa ein Viertel der Bäume überlebt. Der Rück-

schlag ist jedoch nicht nur auf extreme Witterung zurückzuführen. Zu bemängeln ist das von den Behörden praktizierte Verfahren „Arbeit gegen Lebensmittel“, das kaum Verantwortungsbewußtsein der Bevölkerung für die Maßnahmen schafft.

Auf der von der Heinrich-Böll-Stiftung und der Gesell-

schaft für Internationale Entwicklung (SID/Berlin) getragenen Fachtagung wurde von eritreischer Seite eingeräumt, daß manche Passagen des Umweltplanes überarbeitet werden müßten. Doch trotz einiger Mängel nannten die Tagungsteilnehmer den Plan als zukunftsweisend, weil er eine solide Basis für den Aufbau einer unweitverträglichen Industrie-

struktur biete. In einer Resolution appellierton sie an die Bundesregierung, insbesondere ökologische Projekte mit hohen Beschäftigungsmöglichkeiten zu unterstützen. Schwerpunkte der Hilfe müßten unter anderem die Armutsbekämpfung und die Förderung basisorientierter Entwicklungsmodelle sein.

Um die Mobilität der Bevölkerung zu erhöhen und zugleich die Umwelt zu schonen, setzt die Regierung in Asmara auf Fahrräder - wiewohl es derzeit mehr Autos im Lande gibt als Drahtesel. Noch fehlen ihr allerdings die Mittel dazu. Dennoch hofft man, das Problem mit der Sammlung gebrauchter Fährräder zu lösen. Nach den Worten von Naigzy Ghebretensae, Koordinator des Umweltplans, soll das „Alter“ des Rads keine Rolle spielen. Obwohl die Experten diesen Vorschlag begrüßten, warnten sie davor, ähnliche Fehler wie bei Altkleider-Sammlung zu machen.

Neben Verbesserungsvorschlägen für einzelne Projekte

wie den Einsatz von alternativer Energie empfahlen die Teilnehmer unter anderem auch die Stärkung der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen. In diesem Zusammenhang wurde auf die notwendige Chancengleichheit für Frauen hingewiesen. Ferner wurde auf der Fachtagung die Gründung einer unabhängigen Umweltagentur in Eritrea vorgeschlagen. Diese soll vor allem für Koordinierung und Konfliktmanagement zuständig sein. Dabei wurde betont, daß die Agentur ein vernünftiges Mandat brauche. Denn bisher stehen die eritreischen Verantwortlichen - insbesondere der Staatschef - dieser Idee sehr skeptisch gegenüber Mit einer derartigen Institution, so die Befürchtung, würde die Umweltpolitik zu weit von der Basis abgerückt.

Von einer flächendeckenden Verwirklichung des nationalen Umweltplans sind die eritreischen Behörden noch weit entfernt. Doch das Konzept ist ein Schritt in die richtige Richtung.

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