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Berlin bis in die klägliche Gegenwart

Metropolenwerbung zwischen Verkehrsreklame und Stadtmarketing 1920-1995

  • Lesedauer: 3 Min.

Aus „Unser Berlin voran im neuen Kurs“, herausgegeben von Neues Deutschland, 1953 Repro: Katalog

kräftiges und werbewirksames markten - obwohl man die Erscheinungsbild der Stadt schicken Anglizismen von heureicht bis in die 20er Jahre zu- te, wie Corporate identity, noch rück, wo es erfolgreich gelang, nicht kannte. Die „Reklame“ die Stadt als Produkt zu ver- von damals steigerte aber

Spätestens seit der peinlich in den Sand gesetzten Olympiabewerbung wissen wir, daß mit der SelbstdarsteUung unserer Stadt nach außen hin etwas nicht stimmt. Dann kam Christo, und da hatten wir noch einmal Glück gehabt. Denn auch hier funktionierte die Werbung nicht, aber die Besucher kamen, nachdem die Stimmung kippte, von selbst. Es war fast wie früher, als die Stadt ihre große Attraktion noch hatte: die Mauer. Fast scheint es, als ob Berlins Werber solch sarkastischen Unsinn selbst glauben.

Nicht Klaus Siebenhaar. Der Kommunikationswissenschaftler von der FU und Kulturmanagementdozent an der Musikhochschule hat die Energien seiner Studenten mit dem Interesse der Wirtschaft an einer zeitgemäßen Berlinwerbung übereingebracht. Heraus kam eine aufschlußreiche Schau im Kunstforum, der Grundkreditbank, die außerdem mit Siebenhaars Institut für angewandte Kulturwissenschaften einen Kooperationsvertrag abschloß, der auf weitere gemeinsame Kulturaktionen zielt.

Die Ausstellung „Berlin wirbt! Metropolenwerbung zwischen Verkehrsreklame und Stadtmarketing 1920-1995“ zeigt vor allem Plakate, auch Broschüren, stellt zum ersten Mal zusammenhängend die Geschichte der Berlinwerbung von den Anfängen bis in die klägliche Gegenwart dar. Das Ringen um ein aussage-

deutlich die Zahl der Besucher, es wurde fashionable, nach Berlin zu reisen.

Deswegen ist die Ausstellung keine Nostalgie, denn hier gilt es anzuknüpfen, wenn das Berlin von heute wieder attraktiver für Touristen, vor allem für Investoren werden will. Denn noch mehr als die Mauertouristen fehlen Industriearbeitsplätze. Ganz bewußt möchte das Projekt für den derzeitigen Wiederfindungsprozeß der Stadt anregend sein.

Selten sieht man solch einen überzeugenden Einblick in die Mentalitätsgeschichte der Stadt, von der schnellen Metropole der 20er Jahre über den Weltstadtanspruch der 30er, von der „Trümmerstadt mit Lebensmut“, der „Viersektorenstadt“ bis hin zum gegenwärtigen Unbehagen. Heute richtet sich das Stadtmarketing paradoxerweise nach innen: Krankenschwestern und Priester versichern auf Plakaten, wie sehr sie für ihr Berlin pflegen und beten.

„Jeder einmal in Berlin“ (gerne auch öfter), „Berlin ist eine Reise wert“, „Berlin weil's nahe liegt“, „Berlin tut gut“ - die alten Sprüche wirken da allemal zeitgemäßer, denn Berlin ist doch Berlin geblieben. Das sollten die potentiellen Besucher baldmöglichst mal erfahren.

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