- Kultur
- Zu Gast an seiner ehemaligen Berliner Wirkungsstätte: Claus Peter Flor
Jedes Konzert ist für mich eine besondere Auf gäbe
Nach jahrelanger Pause absolviert Claus Peter Flor in diesen Tagen ein Gastspiel mit vier Konzerten beim Berliner Sinfonie-Orchester. Auf dem Programm stehen zehn Sätze aus Prokojjews Ballettsuiten „Romeo und Julia“op. 64a und 64b sowie das B-Dur-Klavierkonzert von Brahms.
Claus Peter Flor wurde mit 31 Jahren als jüngster Chefdirigent der DDR 1984 an diesen Klangkörper berufen. In unzähligen Konzerten im Schauspielhaus und auf vielen erfolgreichen Tourneen im Ausland bestätigte er die in ihn gesetzten Erwartungen, mehrte er den internationalen Ruhm des Orchesters. 1991 beendigte er seinen Vertrag und ist seitdem gern gesehener Gast an vielen berühmten Orchestern der Welt.
Aus welchen Gründen haben Sie Ihre bis dahin so erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Berliner Sinfonie-Orchester in der Spielzeit 1991/92 beendet?
Der wichtigste Grund war der, daß sich nach dem Fall der Mauer und der Währungsunion für das Orchester neue
Möglichkeiten der Engagements aufgetan haben. Ich war der Meinung, daß das Orchester ein neues Gesicht brauchte. Zugleich rumorten - außerhalb des Orchesters - im Hin-
menten- und Wohnungsbeschaffung, mit möglichen Freistellungen vom Armeedienst und zahllosen anderen Angelegenheiten. Diesen Abschnitt wollte ich für mich beenden obwohl ich die Verwaltungsarbeit eigentlich gern gemacht habe - und mich verstärkt um meine eigene Entwicklung kümmern. Ich wollte bestimmte Orchester, bestimmte Programme dirigieren, wozu ich bis dahin keine Gelegenheit hatte.
Was bedeutete die Zeit beim BSO für Ihre Laufbahn?
Für mich waren es die wichtigsten Jahre: Ich bin in diese Position in einem Alter gekommen, wo man noch viel mehr zu lernen hat als man geben kann. Das Orchester hat mir diesen Sprung von Suhl, wo ich vorher Chefdirigent war, nach Berlin, in diese Stadt von zentraler Bedeutung, sehr erleichtert. Es hat mir Mut gemacht und mich gleichzeitig akzeptiert. Das galt auch allgemein für die Dirigentenförderung der DDR, die in ihrer Konsequenz und in ihren Möglichkeiten weltweit die beste war. Von der Musikschule über die Spezialschule bis zur Hoch-
schule war es ein gerader Ausbildungsweg. Den Umgang mit professionellen Orchestern lernten wir schon in der Studienzeit, zweimal im Jahr gab es ein Vordirigieren vor den besten Dirigenten des Landes, die sich in einer Kommission, gemeinsam mit Kulturpolitikern, um die Talente kümmerten, die es zu fördern galt. So gab es keinen Sturz in die Praxis. Neben allen, oft sehr unangenehmen und hinderlichen Reglementierungen, auch im kulturellen Bereich, war dies eine echte Errungenschaft in der DDR. Ich bin sehr froh darüber, daß der Deutsche Musikrat sich heute um ähnliche Fördermaßnahmen bemüht.
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