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Jungrevanchist brüskiert Görlitz

Plakataktion eines DSU-Stadtrates in Polen ruft Entsetzen hervor

  • Lesedauer: 2 Min.
Mit einseitigen Schuldzuweisungen belasten einige späte Rächer der Vertriebenen die deutsch-polnischen Beziehungen. Görlitz ist um Schadensbegrenzung bemüht.
Dresden (ND-Bartsch). Der 26-jährige Jürgen Hösl-Daum gehört zu den Luxus-Vertriebenen mindestens der dritten Generation. Dass am Elend der Vertreibung von Millionen Deutschen immer nur die anderen Schuld sein sollen, verwundert bei einem CSU-Mitglied aus dem bayerischen Nürnberg nicht so sehr. Vor drei Monaten aber wechselte Hösl-Daum zur ungeistverwandten DSU und errang bei den Kommunalwahlen im Juni gar ein Mandat im Görlitzer Stadtrat. Nun wurde er gemeinsam mit zwei weiteren Gesinnungsgenossen im polnischen Boleslawiec beim Plakatekleben erwischt. Was auf ihnen stand, reichte zur Verhaftung und zu Ermittlungen der polnischen Staatsanwaltschaft. Überschrift: »Polen und Tschechen, herzlich willkommen in der Europäischen Union! Unsere Gerichte arbeiten bereits fleißig, denn Mord verjährt nicht.« Schon einmal war Hösl-Daum erwischt worden, als er in Polen Holzkreuze aufstellte. Die Plakate sollen ihm nach eigenen Angaben anonym zugesandt worden sein, hätten sich aber mit seinen Überzeugungen gedeckt. Ähnlich verhält es sich auch mit seiner DSU. Lausitz-Kreisvorsitzender Christfried Wiedemuth distanzierte sich zwar vom Stil der Aktion, nicht aber vom Inhalt. Die »Schlesische Jugend« erwägt immerhin einen Ausschluss ihres Mitglieds, der für ein heftiges Echo im schlesischen Polen gesorgt hat. Gemeinsam mit den anderen Stadtratsfraktionen distanzierte sich auch der parteilose Görlitzer Oberbürgermeister Rolf Karbaum von der Aktion. »Mich bedrückt, künftig in einem Stadtrat sitzen zu müssen, in dem ein solcher Mann anwesend ist«, sagte er. In einem Schreiben an die Stadtverwaltung des benachbarten Zgorzelec äußert er die Hoffnung, dass »unser gutes, vertrauensvolles Verhältnis nicht nachhaltig belastet wird«. Von einem »erheblichen Schaden« für die nachbarschaftlichen Beziehungen spricht auch PDS-Ortsverbandsvorsitzender Mirko Schultze. Er weist besonders auf die sensible Bewerbung von Görlitz als Kulturhauptstadt Europas 2010. Die PDS schließe weiterhin jede Zusammenarbeit mit dem DSU-Stadtrat aus. Hösl-Daum selbst ist sich sicher, dass die Ermittlungen wegen Aufrufs zum Rassenhass und Verunglimpfung der polnischen Nation nicht zu einer Bestrafung ausreichen. Polnische Anwälte sollen ihm angeblich versichert haben, dass da »nichts zu befürchten sei«.

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