77 Tage Arrest gegen Totalverweigerer
Bundeswehr zeigt Härte: Mehrmals bestraft
Deutschland braucht Soldaten. Der Balkan ruft. Auch Fußlahme sollen bei Rühe und seinem Trupp' mittlerweile ja gern gesehen sein. Doch selbst die, die eigentlich weder Helm noch Zivi-Kluft tragen möchten, sind vor den Fängen der Bundeswehr nicht sicher. So wurde am 16. Oktober bereits zum vierten Mal gegen den totalen Kriegsdientsverweigerer Tino Sowada aus Beizig Disziplinararrest verhängt. Nachdem er bereits in den Kasernen in Burg, Doberlug-Kirchhain und Potsdam inhaftiert wurde, darf sich Sowada jetzt zwei Wochen lang in der Elbhavelkaserne in Havelberg der zweifelhaften Gastfreundschaft von Rühes Soldaten erfreuen.
77 Tage hat der überzeugte Totalverweigerer dann in der Arrestzelle verbracht. Damit hat er fast den „Spitzenwert“ des Magdeburgers Lothar Wesolowski erreicht, der im vergangenen Winter insgesamt 84 Tage arrestiert wurde. Bis dahin galten laut Information der Totalverweigererinitiative Braunschweig bei der Bundeswehr 63 Tage Arrest als Höchstgrenze. Wesolowski muß sich am 30. Oktober erneut in einer Berufungsverhandlung vor dem Landgericht
Itzehoe verantworten. In erster Instanz war der Totalverweigerer zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten ohne Bewährung verurteilt worden.
Gegen die erneute Arrestierung Sowadas hat die PDS-Fraktion im Landtag Sachsen-Anhalt inzwischen beim zuständigen Bataillonskommandanten Oberstleutnant Maurer protestiert. Nach Auskunft des PDS-Landtagsabgeordneten Matthias Gärtner ist Sowada mittlerweile der dritte Totalverweigerer in Ostdeutschland, gegen den in diesem Jahr ein Disziplinararrest von mehr als 63 Tagen verhängt wurde. Damit, so Gärtner, werde eine Maßnahme, die eigentlich zur Disziplinierung eines Soldaten gedacht sei, zur Ersatzstrafe. Einige der betroffenen Verweigerer wollen deshalb mit einer Klage beim Bundesverfassungsgericht eine Abschaffung der mehrmaligen Arrestierung bei der Bundeswehr erwirken.
Protestbriefe gegen die Inhaftierung Tino Sowadas können an folgende Adresse geschicktwerden: Oberstleutnant Maurer, Kläming-Kaserne, Beelitzer Straße 35, 14822 Brück.
JÜRGENAMENDT
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.
