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  • Kultur
  • Lothar Bellag zum 65. Geburtstag

Gern unterwegs in Neuland

  • Peter Hof
  • Lesedauer: 3 Min.

Nun ist er also auch im Rentenalter, der Lothar Bellag, und dabei war er doch gerade eben noch der „junge Mann vom BE“, der im ebenfalls jungen Deutschen Fernsehfunk ganz ungewöhnliche Inszenierungen anbot, Aufführungskonventionen umstieß und „offene Formen“ wie das Fernsehfeature einführte. Als junge Studenten der Theaterwissenschaft standen wir bei ihm im Studio, als er den „Nürnberger Bericht“ des westdeutschen Autors Christian Geißler aufzeichnete. Er hatte uns, der Legende nach, beim Skat gegen unseren damaligen kommissa-?' risch*eh“TrtstitütsdirektQr ;Tj!Üä| “Münz; gewonnen! Sollte ;ffi|$ vielleicht nicht ganz stimmen - als Legende ist es zumindest gut erfunden und verweist auf eine von Lothars Leidenschaften: Kneipenskat.

Wir standen also im Studio, und uns imponierte, wie Lothar jeden Vorschlag, auch von uns, erst einmal prüfte. Er war da ein gelehriger Schüler seines „Meisters“ Brecht, dessen Grundsatz lautete: „Der Pudding beweist sich beim Essen!“ Bei Brecht hatte er gelernt, nachdem er seine Anfängerjahre als Schauspieler in Rostock und am Berliner „Thede-Fre“, dem Theater der Freundschaft an der Lichtenberger Parkaue, absolviert hat-

te. An das Kinder- und Jugendtheater kehrte er mit Brechts „Die Gesichte der Simone Machard“ noch einmal zurück. Die Aufführung wurde auch im Fernsehen übertragen, und damit begann die zweite Karriere des Lothar Bellag: die als Fernsehregisseur

Ich gestehe, daß ich seine frühen Fernseharbeiten mehr mag als die großen Filme der späten siebziger und achtziger Jahre, obgleich ich „Daniel Druskat“ bei der Wiederholung kürzlich mit großem Vergnügen wieder gesehen habe und „Johann Sebastian Bach“ für eine, sehr sphöne Künstlerbiographie halte. Aber sein „Woyzeck“ mit Ekkehard Schall, Jutta Hoffmann und Günter Simon in wunderschönen Dekors war ein Schritt in Neuland, und in diese Richtung bewegte sich Lothar Bellag sehr gern, ausgetretene Pfade vermied er nach Möglichkeit.

So nahm er auch die zu Anfang sehr spröden Fernsehspiele von Benito Wogatzki gern auf. Und wenn die ursprüngliche Absicht hätte realisiert werden können, aus dem „Meister Falk“, gespielt von Wolf Kaiser, nicht einen DDR-Nationalhelden zu machen, sondern eine Art von Eulenspiegel, der die Weisungen der „Großen“ mehr als ernst

nimmt und sie mit Volksverstand prüft, hätte dies doch zu einer neuen Sicht auf die DDR-Wirtschaft und die Probleme ihrer Leitung führen können.

Was in der Realität nicht stattfand, wurde auch in der Fernsehkunst nicht Realität. Lothar Bellag wurde hoch geehrt und nutzte sein so gewonnenes Ansehen für die Arbeit. Über sein Wirken als Präsident des Verbandes der Filmund Fernsehschaffenden, ein Amt, das er nach dem Tod von Andrew Thorndike übernahm, läßt sich nur sagen, daß er sein Mögliches getan hat. Aber die Film- und Fernsehkunst der DDR saß bereits im Packeis der Behinderungen durch „Partei und Regierung“ fest.

In den vergangenen Jahren war von Lothar BeJlag nur wenig zu hören. Er inszeniere an kleinen Theatern, hieß es - wir haben einander aus den Augen verloren. Daß er sich zur Ruhe gesetzt hat, kann ich mir nicht denken, und so hat der Einstieg in den Pensionärsstand wohl auch nur verwaltungsrechtliche Bedeutung.

Also, Lothar, zur Ermunterung: bleib Deinen Leidenschaften auch im kalendarischen Rentenalter treu! Das wünscht Dir in alter Verbundenheit

PETER HOFF

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