Albrecht Daniel Thaer früher und Möglin heute

Kulturhistorischer Reiseführer beschäftigt sich mit dem berühmten Landwirtschaftsexperten

Insgesamt fünf Autoren verfassten die drei kulturhistorischen Reiseführer, die bisher im Findling-Verlag erschienen sind. Eine gekonnte Mischung aus Wissenswertem und Touristentipps, das zeichnete die Bücher aus. Nun ist ein dritter Band heraus. Diesen erstellte die Fördergesellschaft Albrecht Daniel Thaer e.V. Möglin. Der Reiseführer verzichtet diesmal fast ganz auf touristische Tipps. Trotzdem sollte man ihn ruhig lesen, wenn man in die Gegend von Möglin reisen möchte. Thaers Vater war Königlicher Hofmedicus. Der Sohn trat in diese Fußstapfen und studierte in Göttingen Medizin. »Den eigentlich studentischen Kreisen, namentlich seinen speziellen Fachgenossen, wurde er immer fremder, und nur Bücher, philosophische Studien und philosophische Freunde schienen ihm eines vertrauteren Umgangs wert«, berichtet Theodor Fontane über diese Zeit in seinen »Wanderungen durch die Mark Brandenburg«. In Göttingen machte Thaer die Bekanntschaft des Dichters Johann Anton Leisewitz. Es gibt Vermutungen, Lessings Schrift »Erziehung des Menschengeschlechts« sei eine Jugendarbeit Thaers, die über Leisewitz zu Lessing gelangte. Aber nicht durch diese Legende wurde Albrecht Daniel Thaer (1752-1828) berühmt. Es waren im Gegenteil britische Schriften, die er auswertete. Thaers 1798 erschienene »Einleitung zur Kenntniß der englischen Landwirthschaft« machte den Arzt aus dem niedersächsischen Celle bekannt bis hinaus über die Grenzen des Kurfürstentums Hannover. Auch in Preußen sprach sich der Name Thaer herum. Von der Berliner Akademie der Wissenschaften bekam der Mann aus Celle eine goldene Medaille, nachdem er König Friedrich Wilhelm III. den ersten Teil seines Buches geschickt hatte. 1804 lockte Staatskanzler Karl August von Hardenberg den Landwirtschaftsexperten in die Mark. Thaer erhielt Flächen der Domäne Wollup im Oderbruch mit dem Recht, diese zu verkaufen. Das tat er auch und erwarb dann von dem Erlös das Gut Möglin. Die fruchtbaren Ländereien von Wollup schienen ihm zu gut, um als Lehrbeispiel zu taugen. In Möglin eröffnete Thaer am 1. November 1806 eine Landwirtschaftliche Akademie. Schon in Celle hatte er ein ähnliches Lehrinstitut betrieben. Bis 1861, also über den Tod des Gründers hinaus, lernten in Möglin 776 Studenten. Die Autoren des Buches erzählen nicht nur von Thaers Wirken, sie forschen auch nach Spuren, die der Landwirtschaftsexperte bis heute in Möglin, Berlin oder anderswo hinterließ. Gerade darum kann der Reiseführer auch ein Reisebegleiter sein, selbst wenn die sonst üblichen Hinweise auf Gaststätten und Pensionen fehlen. In Möglin gibt es im südlichen Teil des ehemaligen Inspektorenhauses eine ständige Thaer-Ausstellung, die Schulzendorfer Agrargenossenschaft heißt »Albrecht Daniel Thaer« und auch die Landwirtschaftlich-Gärtnerische Fakultät der Humboldt-Universität erinnert an ihren Urvater. »Albrecht Daniel Thaer in Brandenburg und Berlin«, Findling-Verlag, 122 Seiten (brosch.), 9,50 Euro.
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