- Kultur
- Gestern wurde Klaus Löwitsch sechzig Jahre alt
Wichtige Sekunden versiebt
Klaus Löwitsch: Entschlossen, gefährdet ND-Foto: B. Lange
„Widerstandsvermögen ist ein Pfeiler von Demokratie, auch dann, wenn dies zu Konflikten mit geltendem Recht führt. Extremes Verhalten eines einzigen Menschen gilt aber hierzulande schon als Bedrohung gesellschaftlicher Seelenruhe. Deshalb ist Peter Strohm zu einem Typ geworden, der mit Realitäten wenig zu tun hat. Action zermürbt die Psychologie. Aber ich will kein Spielverderber sein.“
Eine Kritik zum härtesten Serien-Detektiv der ARD - aus dem Munde seines Interpreten Klaus Löwitsch.
Der Eigenwillige, Zwielichtige war Löwitschs Idee; an diese Figur knüpfte er die Hoffnung, im Fernsehen „als denkender Mensch“ anerkannt zu werden. Aber die Leute, die den Auftrag hatten, Löwitsch ganz stark zu verkaufen - in „irgendwelche Zwischentöne“ hatten die kein Einsehen. Was Löwitsch immerhin blieb bei seinen „Indianerspielen“, war ein gutes Auskommen. Und fortan Selbstironie, nah am Zynismus.
Löwitsch und sein Leben: ewiger Run gegen das Festzurren von Aussätzigen. Gearbeitet hat er - aber alle fragten nur' Ist das nicht der, der sich mit Fassbinder prügelte? Bestes Theater hat er gespielt, Richard III. und Kipphardts
„März“, wirklich eine Wahnsinnsrolle - aber alle höhnten nur: Jaja, Löwitsch ist ein Star - unter den Säufern.
Die Schauspielerei lernte der Architektensohn am Wiener Max-Reinhardt-Seminar, das Tanzen an der dortigen Akademie für Musik und darstellende Kunst, das Singen an der Volksoper. Er spielte und inszenierte in Wien, Hamburg, Zürich und am Bayerischen Staatsschauspiel, agierte im Fernsehen in Stücken Kafkas, Weskers, Schnitzlers; hervorragend sein Spiel im Feuchtwanger-Mehrteiler „Exil“
Cleverer, besser, zuverlässiger wollte er immer sein. Hat es geschafft. Aber die Seele blieb mehr und mehr draußen. „Ich bin ein Instrument, das sich im Regen verzogen hat.“
Man muß sich Klaus Löwitsch als einen entschlossenen und gefährdeten Menschen vorstellen. Er leidet an einem Nachholverhältnis zum Leben in der Kunst. Er will mehr, als ihm inzwischen möglich ist.
Er weiß: Um Kinostar zu werden (Gabin, Brando!) müssen wahrscheinlich in einer einzigen Sekunde sehr viele Dinge zusammenkommen. Es gab solche Sekunden in Löwitschs Leben; er hat sie mit aller verfügbaren Kraft und Blödheit versiebt. Es blieb ein
untrügliches Gefühl: Alles zu spät. Wer von zu großen Ansprüchen gequält wird, lebt immer nur in Ansätzen. Solch Empfinden steigert unbefriedigten Ehrgeiz bis zur Gefahr der Neurose.
Löwitsch ist einer, der wohl am liebsten stets abgehauen wäre, wenn sie ihn wieder anmachten, als Macho, als Rauh-
bein. Aber er haute nicht ab, er gab noch einen drauf. Und spielte den Maulhelden überzeugender als die Schlagzeilen, die draus wurden.
Löwitschs Zornesreden über deutsches Fernsehen - mit geradezu gaunerhafter Leichtigkeit kann der wienernde Berliner ausmalen, was ihm vorschwebt: Geschichten, die er gern spielen würde; glitzernde Scherben, bunter Staub. Aber ebenso Beschwörung der großen letzten Dinge: Liebe, Angst und Tod.
Wahrscheinlich sucht dieser Schauspieler seit langem das Ende in dem „blöden Beruf Es soll freilich eine einzige Bedingung erfüllen: Löwitsch muß verglühen dürfen. Das geht im deutschen Fernsehen nicht. Also macht er weiter die böse Miene zum gutbezahlten Spiel.
Höchstens, daß er von der Münchener Wohnung aus anderthalb Stunden nach Tirol rast, sich vor seinem Haus für fünf Minuten ins Gras wirft und dann gelassen wieder zurückfährt.
Ein Mann sucht, was er bestens kennt: den gebrochenen Helden. So steht Löwitsch in deutscher TV-Landschaft und läuft hoffentlich nicht Gefahr, aus dem'Weg geballert zu werden. Von Peter Strohm.
HANS-DIETER SCHUTT
Bieder schlürft der Mann im mausgrauen Anzug mit korrekt getönter Krawatte seinen Kaffee. Nach einem zaghaften Blick auf die Hände seines Tischnachbarn fällt ihm der braune Schluck ganz unklassisch auf den Schlips. Diese Hände halten „die Konterrevolution“ ein Buch.
In Amerika ist der Teufel los. Selbst der Revolutionsbegriff gerät da etwas durcheinander Der republikanische Politiker Newt Gingrich hatte vor zwei Jahren sein politisches Programm als Revolution bezeichnet und mit zackigem Rechtsschritt einen Sieg im Congress erreicht. Danach veröffentlichte er erst einmal seine literarischen Agitprop-Werke und katapultierte sie auf die Bestsellerlisten. Die Verlage jauchzten über den neuen Frühling und jieperten nach Gleichgesinnten des erfolgreichen Autors. Und siehe da auf dem rechten Feld der Gedanken gab es keinen Mangel. Plötzlich war der Buchmarkt voll von sozialen, ökonomischen, politischen und prosaischen Ergüssen rechtskonservativer Wissenschaftler und Politiker Gingrich gar versuchte sich im Zukunftsroman mit ergötzlichen Visionen. Der Dollar rollte und die Schadenfreude wuchs ins Unermeßliche. Man begrub das liberale Buch.
Da muß nun plötzlich der kleckergebräunte Mann im gemütlichen Cafe der berühmten und stetig wachsenden Buchladenkette „Barnes & Noble“
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