- Politik
- Streit um 500 Millionen Mark
Ist die KPO eine reiche Partei?
Ob die Verwaltungsstreitsache VG 26 A 788.93/26 A 789.93 am 27 Juni entschieden wird, die Besitzverhältnisse geklärt werden, steht noch in den Sternen. Immerhin geht es um runde 500 Millionen Mark. Es klagen Kommerzialrätin Rudolfine Steindling aus Wien und die Novum GmbH gegen die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben. Die 26. Kammer des Berliner Verwaltungsgerichts muß seit gestern darüber beraten, wem die Novum-Gesellschaft eigentlich gehört, die einen gewichtigen Geschäftsabschnitt zwischen der DDR und Österreich mitgeprägt hat.
Die Novum wurde 1951 von österreichischen Kommunisten gegründet und organisierte mit verschiedenen Tochterunternehmen, nicht ohne Erfolg, die Handelsbeziehungen zwischen der DDR und österreichischen Konzernen. Sie vermittelte Geschäfte und kassierte dafür Provisionen. Auf den Konten in der Schweiz und Österreich landete so über die Jahre ein Vermögen von einer halben Milliarde Mark. An der Spitze der Novum steht Frau Kommerzialrätin Rudolfine Steindling, als „Rote Fini“ in den Medien berühmt. Auf welchen Konten und in welchen Regionen sich die Gelder zur Zeit befinden, dürfte sie am ehesten wissen. Sie vertritt die Auffassung, daß sich die Novum eindeutig im Besitz der KPÖ befindet, die Gelder somit der Partei gehören. Die Treuhand-Nachfolgerin dagegen meint, den Schatz für die Bundesrepublik heben zu können. Novum, so ihre Argumentation, habe zwar ein österreichisches Aushängeschild getragen, sei aber in Wirklichkeit im Besitz der SED gewesen.
Dem widersprechen die Novum-An walte. Das Unternehmen gehörte nie der SED. Die komplizierte
Rechtslage in der DDR für ausländische Unternehmen habe die Novum gezwungen, unter dem Dach der ZEN-TRAG, dem SED-eigenen Verlagsimperium, zu arbeiten. Dennoch habe die Novum GmbH nie ihre österreichische Identität aufgegeben. Dem konnten sich die Treuhand-Nachfolger nicht anschließen. Für sie gehören die Millionen zum SED-Altvermögen.
Der Kampf um die Novum zieht sich schon seit Jahren hin. Vor dem Berliner Landgericht wurde 1994 ein ehemaliger Mitarbeiter der Novum wegen Unterschlagung verurteilt. Auch hier beanspruchten Treuhand und KPÖ das Geld. Der Mann, der aus Verärgerung über schlechte Bezahlung in die eigene Tasche gewirtschaftet hatte und keinerlei Sympathie für die KPÖ mehr hegte, ließ keine Zweifel daran, daß er einen österreichischen Arbeitsvertrag und österreichische Arbeitgeber hatte.
Schließlich wollte die Berliner Staatsanwaltschaft Rudolfine Steindling zur Kriminellen machen und ließ sie mit internationalem Haftbefehl verfolgen. Bei den Behörden Österreichs hatte man damit keinen Erfolg. Auch die gingen davon aus, daß die Gelder der KPÖ gehören und Steindling eine sehr clevere, aber saubere Geschäftsfrau sei. Zähneknirschend mußte die Staatsanwaltschaft akzeptieren und rang sich - indem sie den Haftbefehl aufhob zu der Erkenntnis durch, daß Novum von der DDR-Führung als österreichisches Unternehmen betrachtet wurde.
Bei den nächsten 20 Verhandlungstagen - der erste davon bereits heute - werden rund 40 Zeugen über das verwirrende Geflecht von Außenhandelsbetrieben der DDR mit internationalen Firmen aussagen, darunter auch DDR-Außenhandelsminister Gerhard Beil und Ko-Ko-Chef Alexander Schalck-Golodkowski.
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