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- Tele-Tagebuch: Feuerwehrserie »Alarmcode 112« (ZDF)
Immer langsam voran
Nein, so darf ein Pilotfilm einfach nicht enden, wenn die Serie noch elf Wochen laufen soll! Dem Publikum ein verschworenes Team vorzustellen, »Vier wie Blitz und Donner«, und dann gleich einen von den vieren meucheln, und den Nettesten noch dazu das ist seelische Grausamkeit und wird von charakterfesten Zuschauern mit Sympathieentzug bestraft! Mag auch der Chef noch so tröstende Worte zur Witwe sprechen, mögen die Freunde noch so traurig schauen: das alles kann den Verlust nicht gutmachen, der uns durch Lukas' Tod entstanden ist!
Lukas nämlich ist Feuerwehrmann, einer von vier Jungen, die nach der Ausbildung ihren Dienst in der Feuerwache Berlin-Neukölln antreten. Das ZDF widmet den Brandbekämpfern eine neue elfteilige Serie mit dem Titel »Alarmcode 112«. Klingt nach »Polizeiruf 110« und hat auch einiges mit der Kriminalreihe des abgewickelten DDR-Fernsehens gemein. Nicht nur Andreas Schmidt-Schaller, damals Leutnant Grawe, der hier den
Wachvorsteher Kalle spielt. Auch die Betulichkeit, mit der die normalen Dienstverrichtungen zelebriert werden. Aber eine Beamtenserie hat wohl ihr eigenes Timing, und zum Kennenlernen der Charaktere, die uns in den nächsten Wochen (ab Mittwoch wöchentlich um 19.25 Uhr) die Zeit vertreiben sollen, ist ein wenig Beschaulichkeit vielleicht nicht verkehrt.
Sie sind natürlich Prachtkerle, alle Mann, der jungenhafte Jan-Peter (Oliver Clemens), der Draufgänger Konrad (Bernhard Bettermann), der verliebte Dennis (Ingo Hülsmann) und der väterliche Lukas (Thomas Balou Martin), den uns eine explodierende Gasflasche so früh schon geraubt hat. Es geht in der Serie wohl um Teamgeist unter Männern, um Freundschaft, die auch Bewährungsproben besteht, um die Unerforschlichkeit des Schicksals schließlich, das immer die Besten zuerst davonrafft. Im Pilotfilm hatten die Feuerwehrleute zunächst alle Hände voll zu tun, ihre Beziehungskisten zu ordnen. Lukas und Konrad prügeln sich um Steffi, die Verlobte von Lukas, Jan-Peter, der dazwischengeht, landet im Krankenhaus, Konrad trennt sich von Iris und lernt Tina kennen und Dennis, der
im »Metropol-Theater« Bühnendienst schrubbt, kann der hübschen Tänzerin Nancy (aus Dresden) nicht widerstehen. Wie das Leben so spielt.
Und zum Schluß brennt es dann. Zu Anfang auch schon mal, aber da war es nur zur Übung. Wobei das nicht leicht zu unterscheiden ist, denn Regisseur Marijan Vajda hat beide Szenen wie einen Lehrfilm zur Brandschutzwoche inszeniert. Die steifleinenen Dialoge von Autor Rainer Berg und die oberflächlich angelegten Charaktere waren allerdings wohl auch keine rechte Herausforderung für die Regie. Es schleppt sich, schleppt sich, schleppt sich - kein Wunder, daß die Spedition im großen Finale schon fast niedergebrannt ist, als die Feuerwehr eintrifft.
Die Schauspieler mimen, wie es jeder gelernt hat und wie es ihm gefällt. Und wenn ihnen etwas Tolles widerfährt, freuen sie sich wie die Tagessieger beim »Glücksrad«: spitzer Schrei, Hände aneinandergeschlagen und in die Luft gehüpft. Lebensfreude wie ein »Baywatch«. Leider hat Berlin sehr wenig Meeresstrand. Hier brennt es öfter, dank warmem Abriß. Darum sind die Jungen keine Rettungsschwimmer geworden, sondern Feuerwehrleute. Auch ein krisenfester Beruf. Wenn es einen nicht zu früh erwischt. Unser Gemeinwesen fordert Opfer. Für uns alle. Ruhe in Frieden Lukas! Wenn es auch eine Schande ist, wie früh du sterben mußtest!
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