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  • Politik
  • theater im palais spielt »Das Wirtshaus im Spessart«

Seriosität mit Augenzwinkern

  • Klaus Pfützner
  • Lesedauer: 2 Min.

Wer von den Älteren kennt es nicht, »Das Wirtshaus im Spessart« von Wilhelm Hauff in der Verfilmung von Kurt Hoffmann. Die Räuberpistole aus bestem Klamauk, triefender Romantik und dem Uralt-Charnie des .Klischees ist jetzt im theater im palais zu sehen - auf ganz neuer Spielstätte übrigens. Der kleine, neue Saal ist geschmackvoll eingerichtet und verbreitet eine angenehme Atmosphäre von Intimität und geselliger Öffentlichkeit. Die Bühne ist, wie's beliebt, Brettl oder Off-Szenerie und bestens geeignet für Kommunikation mit dem Publikum - eine Spezialdisziplin des kleinen Drei-Sterne-Ensembles. Sogar der samtgrüne, neue Plüschvorhang erzählt etwas über das Konzept der Truppe: Seriosität mit Augenzwinkern. Weltliteratur auf dem Nudelbrett, das nun endlich auch aller Mietsorgen im Palais am Festungsgraben ledig ist, dank großzügiger Hilfe durchs Bezirksamt Mitte.

Die zwanzig Räuber, fünfzig Soldaten, die Gastwirte, Handwerksburschen und gräflichen Herrschaften spielen Gabriele Streichhahn, Carl Martin Spengler und Jens-Uwe Bogadtke. und verbreiten (unter der Regie von Barbara Abend) erlesenes

Vergügen. Auch Henry Krtschil am Klavier spielt nicht nur die musikalischen Ohrwürmchen von Franz Grothe ein (deren parodistischer Kick ganz ausgezeichnet von den Darstellern interpretiert wird); er steuert auch Pferdegetrappel, Wassergeplätsch und Eulenschrei bei. Manfred Bofinger malte die Spielorte mit seinem bekannten Strich auf schönes Tuch, das durch sinnreiche Technik den Wald oder die Kneipe, Schloß oder Hütte herbeizaubert und mit dem spielerischen Witz der Darsteller korrespondiert.

Die Zuschauer kamen in Sektlaune und spendeten herzlichen Beifall. Wer Tiefsinn erwartete, blieb ohnehin zu Hause, doch wer gut aufgelegte, professionell disziplinierte, ausgebuffte Schauspieler erleben wollte, kam voll auf seine Kosten. Sie interpretieren ja Texte von Fontane, Heine oder Williams ebenso wie die von Glasbrenner, Nestroy oder Kishon: Uneitel, mit der Verantwortung vor Dichtung und der Fähigkeit, ihr Gestalt zu geben. Hier, im »Wirtshaus im Spessart«, war Kunstsinn und gelöstes, komödiantisches Spiel zu erleben, auch mit dem Zuschauer Es war ein guter Auftakt für die neue Kammerbühne und das kleine Ensemble, das seinesgleichen nicht noch einmal hat in der Berliner Theaterszene.

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