Urlaubssex mit schlimmen Folgen

  • Lesedauer: 3 Min.
Nicht nur typische Sextouristen, sondern auch viele andere Urlauber betrachten sexuelle Abenteuer als besonderes Reiseerlebnis. Die Folge können Geschlechtskrankheiten, ungewollte Schwangerschaften oder HIV-Infektionen sein.
Statt Strand und Go-Go-Bars in Pattaya in vollen Zügen zu genießen, endete Dieters Urlaub vorzeitig im Behandlungszimmer einer der vielen Arztpraxen des thailändischen Badeorts. Nicht, um nach durchfeierten Nächten durch die Verschreibung von Viagra oder Cyalis weiterhin seinen Mann stehen zu können, denn die Erektionshilfen sind in den Apotheken des Mekkas des Sextourismus rezeptfrei erhältlich und werden gar mit großen, bunten Neonreklameschildern angepriesen. Dieter (Name geändert) hatte sich vielmehr »was eingefangen«, wie sich der Beamte in den Mittvierzigern aus Düsseldorf ausdrückt. Dieter ist nicht der einzige, der im Urlaub Sex sucht, auf Kondome verzichtet, und mit einem Tripper, einer Syphilis oder gar einer HIV-Infektion als Reiseandenken nach Hause fliegt. »Ein großer Teil Touristen hat auf Reisen im Ausland sexuellen Verkehr und setzt sich dem Risiko sexuell übertragbarer Krankheiten aus«, so die britische Forscherin Karen Rogstad. Die Wissenschaftlerin vom Royal Hallamshire Hospital im englischen Sheffield hat jüngst eine Untersuchung über das Sexverhalten von Touristen veröffentlicht. Das Ergebnis ist Besorgnis erregend. 21Prozent aller britischen Männer mit Syphilisinfektionen hatten sich auf einer Urlaubsreise angesteckt. Gar 69Prozent aller heterosexuellen Männer mit HIV und ein Viertel aller HIV-positiven Frauen hatten den Aids-Erreger als Urlaubssouvenir mitgebracht. Von den Männern hätten sich 22Prozent in Thailand angesteckt. Rogstad weiß aber auch, dass deutsche Sextouristen kaum besser sind. »Eine Studie unter deutschen Sextouristen zeigte, dass diese zwischen 30 und 40Jahre alt sind, allein stehend und gut verdienend. Aber nur 30 bis 40Prozent von ihnen benutzen Kondome«, sagt Rogstad. Sextouristen, auch das belegt die Untersuchung von Rogstad, sind längst nicht mehr nur ältere Männer, die keine Partnerin »mehr abkriegen«. Selbst Teenager, die mit dem Rucksack durch die Welt reisen, sind auf der Suche nach sexuellen Abenteuern. 15Prozent aller Rucksacktouristen, die in Bangkoks Backpackerviertel rund um die Khaosan Strasse Party ohne Ende feiern, haben Sex mit Einheimischen, anderen Rucksacktouristen oder mit Prostituierten. 30Prozent davon verzichten auf Kondome. Das ergab eine Studie, die thailändische Wissenschaftler auf der Internationalen Aids-Konferenz im Juli in Bangkok präsentierten. Key West liegt in Florida und ist ein Urlaubsmekka für mehr als 100000 schwule Männer pro Jahr aus den USA und Europa. Etwa die Hälfte der Männer hat Sex im Urlaub und von den sexuell aktiven würden 70Prozent auf Kondome verzichten, glaubt ein Forscherteam des Medical College of Wisconsin belegen zu können. Als eine Ursache für die große sexuelle Risikofreudigkeit im Urlaub haben die Experten aus Wisconsin, Thailand und England Alkohol und Drogen ausgemacht. Rogstad weiß aber auch, dass sexuelle Abenteuer von vielen Touristen als der »ultimative Urlaubskick« angesehen würden. Oftmals würden gar Reiseveranstalter durch das Versprechen von heißen Partys und exotischem Nightlife am Urlaubsort dem noch Vorschub leisten. Rogstad kritisiert, dass in deren Broschüren kaum etwas über Safersex und gesundheitliche Risiken durch Sex steht. Nur drei Prozent aller Reiseprospekte würden solche Informationen beinhalten. Ihre Forderung: Präventions- und Aufklärungskampagnen über Safersex für Touristen. Michael Lenz, Bangkok

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