Barbarossa-Raritäten
Außenseiter will DDR-Musik bewahren Von Christine Wagner
Karl-Heinz Ocasek gründete 1994 als Einzelkämpfer das Berliner Label Barbarossa. Der erfahrene Mann im Mediengeschäft - der Musikwissenschaftler arbeitete beim Rundfunk der DDR, war Mit-
glied des Oktoberklubs und dann bis 1994 bei Amiga - will die seiner Meinung nach eher unkonventionellen Musikproduktionen aus dem Osten für den gesamtdeutschen Markt auf den Gebieten politisch anspruchsvolles Lied, Volksmusik, Rock und Schlager aufbereiten. »Ich möchte, daß man sich mit dem auseinandersetzt, was auf musikalischem Gebiet in der DDR entstanden ist«, sagt der sich als Außenseiter betrachtende Ocasek. Deshalb liegt jeder CD ein recht ausführliches Booklet zu Künstlern oder Werk bei.
Ocasek würde mehr Neuproduktionen (bislang u.a. Bayon »walking home«, »Hinterm Ofen sitzt 'ne Maus - Berlin-Lieder«, Hans die Geige und der Omnibus : Kinderchor) mit dem nach der Wende Entstandenen veröffentlichen, aber ihm fehlt das finanzielle Budget. »Wenn der Verkauf einer CD gut läuft, kann ich an eine neue Veröffentlichung denken.«
Mit Schlager- bzw Volksmusik-Produktionen wie denen von Helga Hahnemann, den Havelländer Musikanten oder Regina Thoss finanziert Ocasek die CDs des politischen Liedes. Daß z.B. die »Jüdischlithurgischen Gesänge aus Berlin« trotz der seltenen Schellackaufnahmen kein Verkaufsrenner werden würden, wußte er Der »Canto General« von Mikis Theodorakis und die »Hymnen« waren erfolgreich. »Es gehört Mut dazu, sich mit politischen Themen auf den Markt zu wagen. Doch ich stehe zu meiner Vergangenheit - mit allen möglichen Irrtümern und Idealen.« Manches lukrative unveröffentlichte Material hat Ocasek anderen durch Erwerb von Lizenzen aus dem DDR-Rundfunkarchiv weggeschnappt. Besonders die »Beatkiste - Hit-Raritäten aus dem Rundfunkarchiv« mit über 100 unveröffentlichten Rocksongs verkauft sich gut.
Erschienen sind ebenso eine »Heavy Metal-Beatkiste« und die »Super-Beatkiste«. Außerdem sind noch eine »Super-Beatkiste 2« sowie die »Beatkiste 7 und 8« im Gespräch, die den Weg der DDR-Rockmusik bis Ende 1989 belegen.
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