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- Scientology will Ehrenrettung: »Offener Brief« an Helmut Kohl mit vielen Autogrammen
Böse Grüße aus der Traumfabrik
In den 30er Jahren waren es die Juden. Heute sind es die Scientologen«, heißt es in einem Brief amerikanischer Künstler und Filmproduzenten an Helmut Kohl, in dem Deutschland, insbesondere der CDU, Diskriminierung der Scientology-Organisation in der Bundesrepublik vorgeworfen wird. Ein Vergleich, der vom Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, als Beleidigung der Millionen von Juden, die im Holocaust ums Leben kamen, zurückgewiesen wurde. Und der von dem Verfasser des Briefes, dem USamerikanischen Staranwalt Bertram Fields, mit den Worten verteidigt wurde, die Argumente deutscher Politiker gegen Scientology erinnerten an die Sprache der Nazis. Zum Beispiel: Scientology sei eine kriminelle Verschwörung gegen den deutschen Staat und strebe nach Weltherrschaft.
Tatsächlich bedient sich die meinungsbildende deutsche Politik in Diktion und Tonfall vertrauter Sprachmuster, die einem cleveren Anwalt den unzulässigen Vergleich der Scientologen mit Naziopfern geradezu aufdrängen. Wobei sie der umtriebigen überseeischen Glaubensgemeinschaft just jene Programmpunkte um die Ohren knallt, die den Grundwerten des Kapitalismus, auch des bundesbürgerlichen, aufs Haar nachgebildet sind: Streben nach Macht, Gier nach Geld, Kapitalbildung und geistige Ausrichtung im Sinne eines höheren Prinzips, das einem monströsen Firmengeist verdammt ähnlich ist.
Wen wundert's da, daß Scientology schätzungsweise rund 20 Millionen Jünger weltweit vereint? Auch sonst haben - solange als einzige Gewißheit zählt, daß alles ungewiß ist und die großen Weltreligionen nicht mehr allmächtige Ordnungshüter sind - die Angebote an Sinnfmdungstheorien und -gemeinschaften Zulauf wie Schnäppchen im Winterschlußverkauf. Da gibt's Gruppen und Grüppchen der traditionellen Religionen, Esoteriker, New Age-Praktiker, Okkultisten und sonstige Heilsversprecher rund tausend Glaubensgemeinschaften allein in den USA.
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