Traum von der Dritten Bundesliga

Vertreter der Regionalliga-Vereine berieten sich gestern mit DFB-Präsident Zwanziger

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: ca. 3.5 Min.

Der geschäftsführende DFB-Präsident Theo Zwanziger traf sich gestern in der Verbandszentrale in Frankfurt am Main mit Vertretern aller Regionalligavereine: »Ich möchte mir einmal alle Sorgen und Nöte anhören.« Davon gibt es viele, die bis in den Abend hinein debattiert wurden. Gelöst werden konnten die Probleme gestern noch nicht. Tief greifende Veränderungen wären nötig.

Wirtschaftlich ist die Fußballregionalliga eine Drei-Klassen-Gesellschaft. Einige Vereine, wie der FC St. Pauli, spielen zwar regelmäßig vor mehr als 15000 Zuschauern, müssen aber finanziell ums Überleben kämpfen. Dagegen kicken kleine Provinzvereine wie die TSG Hoffenheim lediglich vor ein paar hundert Zuschauern - und schwimmen im Geld. Schlecht steht es um die beiden verbliebenen Ostklubs, Chemnitz und Union kämpfen finanziell ums Überleben. Lediglich Südliga-Neuling FC Nöttingen spielt in der professionellen Regionalliga noch reinen Amateurfußball.

Mäzene helfen ihren Klubs
Neben den wirtschaftlich starken »Amateuren« von elf Bundesligisten und einem Dutzend unabhängiger Klubs, die schlecht und recht von Zuschauern und heimischen Werbepartnern leben, gibt es geldstarke Firmen-Kicker und Sponsor-Klubs. Fortuna Düsseldorf gehört zur Oberschicht in der Drei-Klassen-Gesellschaft »Regionalliga«, immerhin soll ein gestandener Weltmeister wie Thomas Berthold den zweimaligen Pokalsieger nach oben managen, im Auftrage der Walter Bau AG. Der international aktive Konzern hat die über 200 Millionen Euro teure städtisch-private »Multifunktionsarena Düsseldorf« nicht nur errichtet, sondern will mit seiner Tochter, der Stadionbetreiberin WPF, für ein ausgelastetes WM-Stadion sorgen. Ohne einen Erstligisten droht die Arena ab 2006 zu einer unbezahlbaren Immobilien-Ruine zu verkommen.
Zwar nennt man im Augsburger Baukonzern keine Zahlen, aber Sprecher Alexander Görbing ist »zufrieden über die enge Zusammenarbeit mit der Fortuna«. Fortuna ist freilich vielerorts: So hängt beispielsweise der SC Paderborn, nahe dem Teutoburger Wald, am Tropf des Möbelhändlers Wilfried Finke und im Taunus träumt der Inhaber des Wasserfilter-Produzenten Brita, Heinz Hankammer, von Bundesliga-Spielen seines SV Wehen. Ähnlich abhängig ist die TSG Hoffenheim, nördlich des Schwarzwaldes, von seinem Tycoon Dietmar Hopp, dem Gründer der globalen Softwareschmiede SAP. Der SAP-Gründer gönnt sich neben seinem Dorfverein noch andere Spielwiesen im Eishockey, Handball und Golf. Hoffenheim gilt in der Regionalliga Süd als Aufstiegsfavorit.
Gefährdet ist hingegen Zweitliga-Absteiger Union Berlin. Von 1997 bis 2004 häufte er ein Minus von 13,2 Millionen Euro an, sagt Präsident Dirk Zingler, »die kurze Erfolgsstory des 1. FC Union in den vergangenen Jahren wurde so teuer erkauft, dass der Verein an den Rand des Ruins geführt worden ist«. Darum heiße das Ziel jetzt nur noch, die Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden. In die Winterpause taumelten die »Eisernen« finanziell wie sportlich als Tabellenletzter.
Auch der Chemnitzer FC überwintert, mit vier Punkten Rückstand, auf einem Abstiegsrang. Der »himmelblaue Gürtel muss sehr eng geschnallt werden«, hieß der wirtschaftliche Tenor der Hauptversammlung im Dezember. Der Etat liegt deutlich unter dem Ligaschnitt und ohne Hilfe des Stadtrats, der die Beleihung des Stadiongeländes mit 1,5 Millionen Euro abgesegnet hatte, würde der FC wohl heute schon am Rande der Pleite stehen. Wirtschaftswissenschaftler Jörn Littkemann kritisiert ebenfalls die Drei-Klassen-Gesellschaft. Sie sei sportlich wie wirtschaftlich problematisch. Professor Littkemann lehrt an der Fernuniversität Hagen und gilt als Gegner von Regularien, trotzdem fordert er vom DFB, endlich saubere Grenzen zu ziehen »Wir sollten«, so Littkemann, »danach streben, die unabhängigen Klubs zu stärken.« Beim DFB sieht man das Dilemma, und tröstet sich, verzerrte Wettbewerbsstrukturen habe es immer gegeben, sagt DFB-Direktor Willi Hink. »Wer aufsteigen will, braucht Gönner«, so Hink, »allein betriebswirtschaftlich wird ein Aufstieg in die Bundesliga nicht generiert.«

Bundesliga-Amateure verzerren Wettbewerb
Die Wettbewerbsverzerrung durch Bundesliga-Amateure und Weltkonzerne ärgert mittlerweile auch das Fernsehen. Der SWR hat seine Regionalligasendung abgesetzt, die Kosten seien zu hoch, und die Zuschauerresonanz in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ist »enorm zurück gegangen«, so ein SWR-Sprecher. Auch der bislang engagierte NDR beobachtet die Entwicklung skeptisch. Im Schnitt gerade mal 110000 TV-Zuschauer und ein Marktanteil am Sonnabend um 17 Uhr von fünf Prozent verunsichern Fernsehproduzenten.
Dem Fußball bleibt nur ein Traum: eine dritte, klassenlose Profiliga, ohne Bundesligisten und mit zuschauerträchtigen Traditionsklubs, die auch das träge Fernsehpublikum wieder reizen. Bis dahin ist es noch weit. Auf dem DFB-Bundestag im Oktober machten reiche wie arme Traditionsklubs vor allem gegen die Amateurmannschaften der Profiklubs mobil. Angenommen wurde der Antrag 140a, der die Probleme nach bewährter deutscher Art an eine Kommission weiterreicht.

Kleines Geld, großes Geld
Durchschnittliche TV-Einnahmen, pro Verein 2004/2005

1. Bundesliga  12,8Mio.
2. Bundesliga    3,8Mio.
R...

Wenn Sie ein Abo haben, loggen Sie sich ein:

Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.

Bitte aktivieren Sie Cookies, um sich einloggen zu können.