Spiel nicht mit den Schmuddelkindern

Jugendring bleibt »solid«-frei / Thüringens Junge Union grenzt PDS-nahen Jugendverband aus

  • Peter Liebers, Erfurt
  • Lesedauer: 4 Min.
Dem PDS-nahen Jugendverband »solid« ist zum wiederholten Mal die Aufnahme in den »Ring der politischen Jugend Thüringens« (RPJ) verweigert worden.
»Spiel nicht mit den Schmuddelkindern, sing nicht ihre Lieder. Geh doch in die Oberstadt, mach's wie deine Brüder«, so sang Franz Josef Degenhardt. Mit den Stimmen der Thüringer Jungen Union und von Julia, den jungen Liberalen, fiel in dieser Woche erneut die Entscheidung: Solid darf nicht Mitglied im »Ring der politischen Jugend Thüringens« (RPJ) werden. Wie die PDS-Jugendreferentin Dana Neugebauer informierte, liege eine schriftliche Begründung für die Ablehnung des Aufnahmeantrages bislang nicht vor, obwohl sie bereits für vergangenen Freitag angekündigt war. Inoffiziell verlaute aber, erst müsse der Haushalt des Rings aufgestockt werden, bevor »solid« aufgenommen werden könne.
Offenbar bastelt sich die CDU immer neue Ablehnungsgründe, mutmaßte Sascha Möckel von »solid«. Bisher habe die Finanzfrage bei den Ablehnungen keine Rolle gespielt. Im Kern gehe es wohl darum, den politischen Gegner auszuschalten. Erschreckend sei, mit welcher Arroganz und Selbstherrlichkeit das geschehe. »Die halten die eigen Satzung nicht ein und suchen nach Hintertüren, um uns auszugrenzen«, betonte Möckel.
Der Satzung des RPJ zufolge müssen die Ringmitglieder von einer im Landtag vertretenen Partei als ihr Jugendverband anerkannt und in der Mehrzahl der Landkreise vertreten sein. Während »solid« alle diese Bedingungen erfüllt, dürfte Julia schon seit zehn Jahren nicht mehr Mitglied des Ringes sein, da die FDP seitdem nicht mehr im Landtag vertreten ist.
Inzwischen sei durchgesickert, dass erst einmal die Satzung des RPJ geändert werden soll, berichtete Neugebauer. Wenn man die PDS-nahe Jugend nicht wolle, sollte man wenigstens so ehrlich sein, das auch zu sagen. Diese wolle auf jeden Fall gleichberechtigtes Mitglied des RPJ werden und habe die Absicht, mit den anderen politisch zusammen zu arbeiten.
Der PDS-Landtagsabgeordnete Matthias Bärwolff verwies darauf, dass er geraumer Zeit mit der CDU-Fraktionschefin Christine Lieberknecht über das Thema spreche. Dabei habe sie ihm versichert, sich sich beim Ministerpräsidenten für die Aufnahme von »solid« einzusetzen. Der Regierungschef habe aber wohl auch kein Interesse daran, vermutet Bärwolff. Ihrem Verband bleibe in dieser Situation keine andere Wahl, als die Aufnahme immer wieder zu beantragen und gegen die Ablehnung Widerspruch einzulegen, so Neugebauer. Am Ende bleibe aber wohl nur der Klageweg.
Dass sieht die PDS ähnlich, die sich den willkürlichen Umgang mit ihrem Jugendverband nicht bieten lassen will. Es sei jetzt wichtig, die Rechtmäßigkeit der Entscheidung prüfen zu lassen, betonte PDS-Landesgeschäftsführer Knut Korschewsky. Er warf dem RPJ »mangelndes Demokratieverständnis« vor und wertete das ablehnende Votum als »Ausgrenzung gegenüber linkem jugendlichem Engagement«. Mit Finanztricks sollten kleine Jugendverbände offenbar gezwungen werden, sich den großen anzuschließen, vermutet Neugebauer.
Wie begründet ihre Befürchtung ist, macht ein Beschluss des Landesjugendrings deutlich, dem zufolge Personalstellen nur noch für Verbände mit über 10000 Mitgliedern gefördert werden sollen. Kleine Verbände können Förderung ausschließlich über Sammelvertretungen erhalten. Einer gemeinsamen Presseerklärung der DGB-Jugend und weiterer Jugendverbände nach müssten die kleinen Verbände dabei eine Halbierung ihrer Stimmenzahl in der Vollversammlung hinnehmen, während die großen ihre Stimmenzahlen behalten. Die kleinen Verbände unterlägen damit einer Gleichschaltung, heißt es in der Presseerklärung. Damit würden Meinungsbilder verschoben und die notwendige Pluralität außer Kraft gesetzt. Im Landesjugendring erlebe damit die DDR 15 Jahre nach ihrem Zusammenbruch eine Renaissance. »In der Oberstadt hat er sich ein Haus gebaut, nahm jeden Tag ein Bad. Roch, wie bessre Leute riechen«, so Degenhardt. Und er lernte, wie man Satzungen formuliert gegen Schmuddelkinder...


Der RPJ: Auf keinen Fall radikal
Im Ring der politischen Jugend (RPJ), gegründet 1950, sind politische Jugendverbände auf Bundes-, Landes- oder kommunaler Ebene zusammengeschlossen. Erklärtes Ziel ist die Förderung demokratischer Jugendstrukturen. Mitglieder des RPJ sind zur Zeit die Jungsozialisten in der SPD, die Junge Union Deutschlands, die Jungdemokraten/ Junge Linke, die Jungen Liberalen und die Grüne Jugend. »Junge Menschen fit für die Demokratie zu machen und sie zu freien Staatsbürgern zu erziehen« - dafür tritt der RPJ laut eigener Absichtserklärung ein. Das heiße auch, so kann man weiter lesen, »radikale und antidemokratische Einflüsse auf die Jugend« zu verhindern.
Früh übt sich, was ein Meister im politischen Meinungskampf werden will. Die Ausgrenzung hat aber vor allem finanzielle Folgen. In einer Richtlinie Thüringens ist festgelegt, dass das Land den »Trägern der freien Jugendhilfe, den im Ring der politischen Jugend zusammengeschlossenen politischen Jugendverbänden und den kommunalen Gebietskörperschaften Zuwendungen im Rahmen des Landesjugendförderplanes« zukommen lässt. Die Mittel können verwendet werden zum Beispiel für »Personal-, Betriebs- und Sachausgaben inklusive Material für die Jugendarbeit, außerschulische Jugendbildung inklusive Fort- und Weiterbildung, Fahrten, Lager und Freizeiten« oder aber auch für Großveranstaltungen. Jugendverbände, die Mitglied sind, können zum Beispiel »eine Personalstelle zur Struktursicherung voll finanzieren (bis zu 1920 Euro - d.R.). Für jede weitere Vollzeit-Personalstelle beträgt die Zuwendung pro Monat bis zu 1510 Euro«.
ND
Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal