Stress an Berufsschulen ist groß
DAK untersucht gesundheitliche Belastungen der Lehrer
Gestresst von zappelnden und lärmenden Schülern, uninteressierten oder überaktiven Eltern, mobbenden Kollegen oder überforderten Schulleitern müssen immer mehr Lehrer vor der Pensionierung den Beruf aufgeben. Besonders betroffen die Kollegen an den Berufsschulen. Das hat die DAK jetzt untersucht, denn sie hat viele Berufsschullehrer versichert und will die gesundheitlichen Belastungen mindern. Immerhin melden sich Berufsschullehrer viel häufiger krank als ihre Kollegen an anderen Schulen.
Gemeinsam mit dem Bundesverband der Unfallkassen (BUK), dem Gemeindeunfallversicherungsverband Westfalen-Lippe (GUVV) und dem Institut für Psychologie der Universität Lüneburg befragte die DAK 507 Pädagogen. Das Fazit: »In Deutschlands Berufsschulen herrscht Psychostress. Mehr als jeder dritte Berufsschullehrer ist gefährdet, psychisch krank zu werden. In der Gesamtbevölkerung liegt dieser Anteil mit 18 bis 24Prozent deutlich niedriger. Bei 15 Prozent der Berufsschullehrer kann sogar von einer starken psychischen Beeinträchtigung ausgegangen werden.« Sehr viele litten am Burn-out-Syndrom, d.h. sie sind »ausgebrannt«. Das betreffe auch schon junge Kräfte, die erst wenige Jahre im Beruf stehen.
Hinzu komme, dass über 50-Jährige gesundheitlich besonders anfällig seien. Das betrifft somit über 40 Prozent der 56 000 Berufsschullehrer in Deutschland. Die Lehrkräfte beklagen, dass Eltern als Ansprechpartner fehlen. Anders als auf anderen Schulen ist ein Großteil der Jugendlichen bereits volljährig, wenn er in die Berufsschule kommt. Schüler im »Berufsvorbereitungsjahr« hätten oft gravierende Wissenslücken und Defizite im Verhalten. Berufsschullehrer mutieren im Unterricht zwangsweise zu Sozialpädagogen. Dafür aber sind sie gar nicht ausgebildet. Zusätzlich greift der Frust ihrer teilweise perspektiv- und chancenlosen Schüler auf sie über.
Viele Lehrer empfinden die Gestaltung ihres Arbeitsplatz als belastend. Sie vermissen einen eigenen Schreibtisch in der Schule. Außerdem fehlen ihnen Rückzugsmöglichkeiten - Lehrerzimmer sind ein zu offener Bereich. Dass Lehrer auch zu Hause arbeiten, erschwere die Trennung von Beruf und Freizeit. Viele erleben sich quasi immer im Dienst. Weiterer Punkt auf der Mängelliste: fehlende Teamarbeit. »Berufsschullehrer erleben sich vor der Klasse als Einzelkämpfer«, sagt Sabine Winterstein von der DAK.
Zudem hapere es in der Fortbildungen im Umgang mit Konflikten. Das Verhalten der Schüler habe sich geändert. Auseinandersetzungen nehmen zu. Viele Probleme lassen sich durch bessere Kommunikation lösen, hat die DAK festgestellt. Gespräche mit den Kollegen und den Meistern in den Betrieben, trügen zu Konfliktlösungen bei und sorgten für psychische Entlastung. Weitere »gesundheitsfördernde Maßnahmen« sollen nach Abschluss der Studie in einem Handbuch zusammen gefasst werden. Das soll im Sommer 2005 fertig sein.
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