Alternativ um die Welt

Reisepavillon: Forum des anderen Tourismus

  • Michael Müller
  • Lesedauer: 2 Min.
Vieles ist beim Reisepavillon, der alternativen internationalen Tourismusmesse, anders als bei anderen öffentlichen Auftritten der Reisebranche. Ein Thema allerdings war am vergangenen Wochenende, beim nunmehr 15. Reisepavillon in Hannover, so heiß diskutiert wie es das auf längere Sicht in Fachkreisen überall sein wird: die Tsunami-Katastrophe in Asien. Allerdings anders als bei den großen Veranstaltern (»Wenn wir nicht hinfahren, lassen wir die Leute dort allein«, TUI-Sprecher Robin Zimmermann) waren die Meinungen differenzierter. So fordert Sabine Minninger, Tourism Watch des Evangelischen Entwicklungsdienstes, gegenüber ND, die Chance für einen »sozial verantwortlichen und umweltverträglichen touristischen Neuanfang« nicht durch hektischen Aktionismus zu vertun. Kitti Phatanachinda, Tourismus-Vizepräsident von Phuket in Thailand, versichert gegenüber ND, dass beim Wiederaufbau nach dem Tsunami »die Natur und Mangrovenwälder geschont werden«. Auf die Frage nach grundsätzlichen Strukturänderungen des Kerngeschäfts blieb er jedoch sehr allgemein. Das »Forum anders reisen«, dem rund 100 kleine und mittlere Veranstalter angehören, sieht indes schon eine erfreulich wachsende Nachfrage nach »sozial verantwortlichen Reisen«. Konkret nach Asien, aber auch allgemein. Für Anke Biedenkapp, die das alternative Reisepavillon-Boot seit Jahren auf Kurs hält, wäre das »eine schöne Bestätigung unserer Arbeit«. Heinz Fuchs vom Evangelischen Entwicklungsdienst bleibt da eher skeptisch: »50 Prozent der Deutschen wollen sozial verantwortlichen Tourismus. Aber wenn es konkret wird, sind wir nicht dazu bereit, denn es gilt die Maxime Geiz und billig.« Doch Alternatives ist nicht unerschwinglich. Christian Frobeen von avenTOURa erläutert es an seinem »Cubareal«-Angebot: 16 Tage lang Typisches und Unbekanntes, Privates und Offizielles, berühmte Stätten im Westen und weniger berührte der Sierra Maestra im Osten. »Alles direkt mit und inmitten von Kubanern.« Los geht es in Gruppen zwischen sechs und zwölf Personen für 1868 Euro pro Kopf. Wie avenTOURa haben alle die rund 300 Aussteller, die diesmal beim Reisepavillon ausstellten, ihre alternative Nische entdeckt. Mit Heidrun Mann von onda tour lässt sich in Italien italienische Küche in und außerhalb von Küchen erkunden (»Genusswandern«). Susanne Hahn von anders-sehn bietet Erlebnisse für Sehbehinderte (u.a. Wörlitzer Gartenreich, nordfriesisches Watt, Schneeschuhwandern in Thüringen). Bei Klaus Minkner und Kordula Jambor von aktivErleben können Klassenfahrten gebucht werden, »ganz oder deren Höhepunkte. Dann kommen wir beispielsweise mit unserem transportablen Klettergerüst oder legen einen Wildniskurs an«. Angeboten werden auch Projektwochen zum Konfliktbewältigungs- und Kommunikations-Training. Ein Thema lautet: »"Du dumme Sau!" - von der Beschimpfung zum fairen Gespräch.« Auch im Zwischenmenschlichen eröffnet der alternative Reisepavillon also eine echte Alternative.
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